2.8.2025 Rund um den Ammersee Ultra
Autor: Andreas Greppmeir  
 
   
 

Klaus Sobirey, ein wirklich liebenswerter marathon4you-Kollege, machte es 2020 vor. Er umrundete den Ammersee laufend und schrieb einen wirklich lesenswerten Bericht darüber. Bernie nahm die Idee dankenswerterweise auf und schrieb den „Rund um den Ammersee Ultra“ noch im selben Jahr als Veranstaltung aus. Den Grund für diese Entscheidung muss ich sicher nicht erläutern, jeder hat diese üble Zeit noch im Kopf. Das Jahr darauf liefen wir den Ammersee-Ultra gleich noch einmal, diesmal aber „andersrum“, was ich auch als Überschrift hernahm.

Tatsächlich sollte es satte vier Jahre dauern, bis es zu einer neuen Ausgabe des Ammersee-Ultras kam. Doch in diesem Jahr war wirklich alles anders. Zunächst einmal das Wetter. Hatten wir in den ersten beiden Ausgaben herrliches, zugegebenermaßen jedes Mal zu warmes Wetter, war dieses Mal bereits Tage zuvor klar, es würde eher herbstlich werden. Gefühlt hatte es wochenlang nur geregnet und es würde auch am Lauftag nicht anders werden. Die Temperaturen waren von über 30°C auf unter 20°C gesunken. Die Entscheidung, was ich anziehen sollte, fiel mir am Tag zuvor nicht leicht. Ich entschied mich für ein kurzes Laufshirt und darüber eine kurze Regenjacke. Für den Notfall packte ich eine lange Regenjacke in den Laufrucksack.

Dann war da noch ich selbst. Ich merkte schon beim Packen der Laufsachen, dass ich wieder auf diesen, wenn auch positiven Stress reagiere. Ich versuchte das Alles aus dem Kopf zu bekommen und packte einfach weiter. Ich schaute am Abend einen Film, um mich etwas abzulenken und dann ging‘s ins Bett. Ein paar Symptome meiner Krankheit kommen durch, ich versuche sie zu ignorieren und schlafe irgendwann doch ein. Wird schon gutgehen und ich will definitiv dabei sein. Am nächsten Morgen funktioniert der gewohnte Ablauf so, als wäre alles noch immer Routine. So, als hätte ich in der langen Zeit ohne Marathon nichts verlernt. Prima, was soll schon noch passieren.

Ich fahre pünktlich los, auf‘s Navi kann ich verzichten, der Weg nach Stegen ist mir bekannt. Als ich jedoch ins Auto steige, merke ich schon, dass ich nicht ganz so entspannt bin, wie ich es mir wünsche. Ein paar Symptome auf der Fahrt lassen mich nachdenklich werden. Ich will Euch damit nicht langweilen, aber ich musste die Medikamente ein paar Tage zuvor erhöhen, da mein Schutz nicht ausreichend war. Nebenwirkungen sind dabei völlig normal, aber nicht besonders angenehm. Diese spürte ich auf der Fahrt und logischerweise fing ich zu grübeln an. Aber ich kam letztendlich auf dem Parkplatz in Stegen an. Dank der „EasyPark“-App hatte ich meine Parkgebühren auch rasch beglichen. Dazu gäbe es auch noch eine Geschichte, die lasse ich aber einfach mal unter den Tisch fallen. Spott hatte ich schon zu Hause, auch Bernie wollte mir vor Ort etwas erklären, ich unterbrach in doch jäh. Ich wollte mir die Erklärung über Apps und Shops nicht nochmal anhören. Bernie erkannte wohl, dass ich das alles schon mal, und zwar nicht nur einmal gehört hatte und unterließ weitere Erklärungen.

Nach und nach trafen die weiteren Teilnehmer ein. Ich freute mich wirklich riesig, den ein oder anderen nach langer Zeit wieder zu sehen und merkte auch, dass die Freude nicht nur einseitig war. Mein fränkischer Lauffreund Roland Krauss – wir haben schon den ein oder anderen Lauf gemeinsam bestritten, also zumindest am Start – war auch da. Wir haben uns sehr lange nicht gesehen, umso mehr freute es mich, dass er nicht sofort davonlief, sondern die ersten Kilometer bei mir blieb und wir uns so über das ein oder andere austauschen konnten. Apropos die ersten Kilometer. Natürlich mussten wir erst einmal loslaufen und das erfolgte, nach einem gemeinsamen Gruppenfoto, in gewohnter Weise unspektakulär. Die jungen Wilden und die Ehrgeizigen zogen gleich davon. Das Wetter war in Ordnung und so bildeten Bernie, Roland und ich das Schlusslicht der zehnköpfigen Lauftruppe.

Ich kann eigentlich mit Worten gar nicht erklären, was mir das bedeutet hat. Endlich mal wieder mit ein paar „Ausgeflippten“ durch die Gegend zu rennen. Anfangs konnte ich das auch noch ganz gut, dass ich irgendwann zum Wanderer oder eher Walker degradieren würde, war von Anfang an klar, aber soweit es ging, wollte ich laufen. Roland laufend neben mir, Bernie knapp voraus, immer wieder wartend, um ein gutes Foto zu machen, es war irgendwie wie in alten Zeiten.

Bevor Bernie den Ammersee-Ultra ausschrieb, dachte ich mir noch, dass der Lauf entgegen dem Uhrzeigersinn schöner war, dass man sich das Beste einfach zum Schluss aufheben sollte. Feine, meist batzige Trails, das hat immer riesigen Spaß gemacht. Letztendlich war die Entscheidung jedoch goldrichtig. Wir liefen also die ersten Kilometer durch die herrlichen Trails nach Stegen in Richtung Süden. Hier und da eine Pfütze. Scheißegal mitten durch. Es macht Spaß. Spaß den ich lange nicht mehr hatte. Manchmal lasse ich mich absichtlich etwas zurückfallen, um etwas Ruhe zu haben und um das Ganze für mich genießen zu können.

Ich kontrolliere auch immer wieder mal meine Laufuhr. Die ist ziemlich neu und ich bin noch nicht ganz so vertraut damit. Ich werde mich irgendwann von ihr navigieren lassen müssen und bis dahin sollte das auch funktionieren. Das tat es von Anfang an und ich hatte da schon eine Sorge weniger. Keine Sorge hatte ich, als wir die ersten „Probleme“ mit der Strecke bekamen. Tatsächlich waren unsere Pfade, direkt am Ufer des Ammersees, vom Regen der letzten Wochen überschwemmt und wir mussten Alternativrouten finden. Das machte echt Laune. Bernie, Roland und ich standen einmal vor einem Gartenzaun. Dahinter lag ein zusammengelegter Katamaran und wir mussten da irgendwie drüber. Kameraüberwachung ist auf diesen Luxusgrundstücken üblich, so dass wir kurze Zweifel haben. Hausfriedensbruch ist eine recht gering bemessene Straftat und ich gebe das O.K. Wir steigen über den Zaun, hüpfen über das Boot, einen weiteren Zaun und weiter geht‘s.

Ich möchte mich an dieser Stelle schon mal entschuldigen. Ich weiß nicht, wie oft ich schon am Ammersee war, aber die Ortschaften bringe ich immer wieder durcheinander. Kirchen, Biergärten, noble Wirtschaften mit Terrasse zum See und Villenviertel, bei denen ich mir gar nicht vorstellen mag, was ein Grundstück hier kostet. Es ist nicht meine Welt, interessiert mich auch gar nicht, daher vielleicht auch der Grund, warum ich am Ammersee eigentlich nie weiß, wo ich bin. Schön ist es aber trotzdem.

Also geht es weiter mit dem Laufen und Bernie und Roland ziehen erwartungsgemäß irgendwann davon. Immerhin habe ich gut zehn Kilometer mitgehalten. Passt schon. Alles ist in Ordnung, so habe ich es mir auch vorgestellt. Ich habe noch den ein oder anderen Trail vor mir, kraxle noch über ein paar Baumstämme und komme schließlich an einer Staatstraße wieder raus. Kurz muss ich am Straßenrand laufen, bevor ich auf den Gehweg komme und nicht mehr Gefahr laufe von einem Porsche Cayenne oder Lexus überfahren zu werden. Das Südufer des Ammersees naht. Davor muss ich mich aber noch von Judith und Andreas überholen lassen. Es hat inzwischen leicht zu regnen begonnen. Daher bleibt unsere Unterhaltung auch etwas kurz. Wegen mir müssen sich die beiden keine Erkältung holen.

Munich Urban Trail
Marathon am Lech A
Marathon am Lech B
GaPa Trail
MM Nesselwang
Gebirgstäler HM
Seen-Lauf | Trail-Run
U.Trail Lamer Winkel
Reschenseelauf
Ammersee Ultra B
Ammersee Ultra A
Kini Marathon A
Kini Marathon B


   
   
 
 
     
 
 
 

Wir durchqueren eine Ortschaft, – wie erwähnt, werde ich die Namen der Orte ignorieren, um mich nicht zu blamieren – um schließlich auf einem Fuß- und Radweg zu landen. Er geht in Richtung Ammer, die bald den Ammersee speisen wird. Sie ist randvoll und ich unterquere eine Überführung, um ein Naturschutzgebiet südlich des Ammersees zu umlaufen. Bei meiner letzten Teilnahme habe ich mich hier etwas verfranzt. Heute habe ich ja modernste Technik am Arm. Es kann also nicht passieren. Kurz nach der Unterführung sehe ich eine Bank auf der Höhe eines Wasserfalls, der aufgrund der Menge des Wassers ordentlich Radau macht. Ich lasse mich auf der Bank nieder. Zeit für eine Breze und den Anruf zu Hause. Silke weiß inzwischen, dass ich die Krankheit unter Kontrolle habe, etwas Sorge bleibt und die will ich ihr nehmen.

Ich strecke mich kurz und dann geht es weiter. Nach einer längeren Pause mal wieder im Laufschritt. Meine Laufuhr führt mich sicher durch das Naturschutzgebiet und ich habe meine wahre Freude daran. Erstmal kann ich ein paar Wanderfalken beobachten. Einer steht schreiend und flatternd über einem Feld. Ich warte auf den Sturz, aber ein zweiter kommt hinzu. Das scheint einem anderen Pärchen gar nicht zu gefallen und es kommt zu einer kleinen, lautstarken Rauferei. Ich schaue nur nach oben, ich liebe Vögel. Wenig später treffe ich auf ein Feld voller Meisen, der Naturschutz scheint tatsächlich zu funktionieren.

Mitten in diesem Vogelparadies kommen mir vier Wanderer entgegen. Sie bitten mich ein Foto von ihnen zu machen. Ich weise sie kurz daraufhin, dass sie mir meine persönliche Bestzeit versauen, aber ich will mal eine Ausnahme machen. Wir unterhalten uns kurz. Das Quartett ist um sieben Uhr in Stegen in entgegengesetzter Richtung gestartet und sie werden ebenfalls den Ammersee umrunden. Wir wünschen uns alles Gute und weiter geht‘s. Bevor ich nach rechts auf eine Kreisstraße abbiege, habe ich noch eine Begegnung mit Störchen. Hier gut dreißig, da nochmal vierzig und noch ein weiteres Feld voll. Wer hätte das vor zwanzig Jahren gedacht, dass die Störche hier wieder richtig heimisch werden. Ich finde es super, auf meinem Dach möchte ich allerdings keinen sitzen haben.

Nun befinde ich mich schön langsam, aber sicher in dem Bereich rund um den Ammersee, wo die wirklich Reichen wohnen und wo ich mit den Orten so ganz und gar nicht mehr klar komme. Ich möchte jetzt auch nicht googeln, um schlau dazustehen. Nein, ich schreib‘s einfach so wie ich es erlebt habe. Ich laufe also entgegen der Kreisstraße, immer darauf bedacht möglichst weit links zu laufen. Die meisten Autofahrer nehmen Rücksicht, verlangsamen das Tempo und fahren auf die Gegenfahrspur. Ich bedanke mich stets, was meist auch zu einer positiven Reaktion der Fahrer führt. Es ist ein unbedeutend geringer Prozentsatz, die, ohne das Tempo zu verlangsamen an mir vorbeirauschen. Da kann es einem schon ganz anders werden. Aber anders geht‘s halt mal nicht und ich passe auf mich auf.

Ich bin froh, als ich die Kreisstraße verlasse und auf einem Fußgängerweg weiterlaufen kann. Ich durchquere die nächste – nein ich erwähne es wirklich nicht mehr, dass ich nicht weiß, wie sie heißt – Ortschaft, die auch nicht besonders aufregend ist. Ach ja, es fällt mir wieder ein, das war Raisting. Denn links von mir kann ich die Erdfunkstelle Raisting erkennen. Durch die riesigen Parabolantennen wird die Kommunikation mit den Nachrichtensatelliten sichergestellt. Nicht besonders schön, aber brauchen tut man sie, wenn man wissen will, was manche Staats-Chefs so anstellen oder mit wem Boris Becker aktuell liiert ist. Ich laufe und walke weiter. Ich komme in die nächste Ortschaft, diesmal weiß ich wirklich nicht, wo ich bin, aber sie ist schon etwas nobler. Der Weg führt direkt am Ammersee entlang. Spaziergänger mit Kindern oder Hund, hier und da auch mit beidem, kommen mir entgegen. Die meisten von ihnen grüßen freundlich, wünschen mir einen guten Morgen. Ich bin etwas verwirrt, es dürfte doch schon deutlich nach Mittag sein. Egal, freundlich sind sie jedenfalls.

So, ab jetzt wird‘s für mich wirklich kompliziert. Denn die kommenden Ortschaften geben sich sprichwörtlich die Hand. Die eine hört auf, die andere fängt an. Auf unseren Pfaden komme ich auch an keinen Ortschildern vorbei, so dass ich wüsste, wo ich eigentlich bin. Aber irgendwann führt der Weg vor einer Gaststätte nach rechts, direkt am Uferweg vorbei. Es sieht nicht gut aus, also überschwemmt. Ich versuche es trotzdem. Ich quetsche mich an einem Hauseck vorbei, tappe dabei immer wieder in den See und hole mir nasse Socken. Kurz darauf stehe ich vor einer Mauer, das Wasser neben mir ist bestimmt einen halben Meter tief. Sackgasse. Ich drehe um und musste mir nun auch den anderen Schuh nass machen. Ich handele mir nun ein paar extra Meter ein, muss hoch zu einer Staatstraße und laufe parallel zu dieser auf einem Fahrradweg. Ich bin froh, als ich endlich wieder abbiegen kann, auf einen Feldweg komme und Ruhe vor den Autos habe.

Etwas weiter sehe ich am Ufer ein Rettungsboot des Roten Kreuzes und mir schwant Übles. Ich bin erleichtert, als ich sehe, dass es sich wohl nur um eine Reinigungsaktion handelt. Sogar eine Matratze retten die Rot-Kreuzler vor dem Ertrinken. Als ich näherkomme, fragt mich eine der Retterinnen, ob ich auch zu diesen Ammersee-Umquerern gehöre. Die letzten sind vor einer halben Stunde durch, bekam ich zur Antwort. Es wird auch niemand mehr kommen, musste ich zugeben. Dass ich aber noch gut aussehe, beruhigte mich. Sie würden mich also nicht in den Rettungswagen verfrachten. Gut so.

Es gab auf dem weiteren Weg eigentlich keine weiteren erwähnenswerten Vorkommnisse. Ich schüttelte angesichts der teils äußerst protzigen Villen immer wieder mal den Kopf. Ich kann nicht verstehen, was man davon hat. Aber jeder wie er will. Meine Welt wäre es nicht. Kurz darauf komme ich in eine Welt, die ich auch nicht unbedingt meine ist. Es begann zu kübeln. Richtig ordentlich und auch noch mit Wind, damit die Sache gleich richtig Spaß macht. Hilft nichts, ich muss weiter. Ab und zu glaube ich, dass es nicht mehr weit sein kann, werde jedoch immer wieder mit meiner Ortsunkenntnis bestraft. Es zieht sich. Vor allem, da meine nassen Schuhe ekelhaft quietschen und sich inzwischen am linken Ballen eine leichte Blase bildet.

Irgendwann komme ich an einen Parkplatz, an dem ich mit Silke schon mal geparkt hatte, es kann also nicht mehr weit sein. Auf einem weiteren batzigen Weg schlängle ich mich durch ein Waldstück und bin mir sicher. Wenn ich rauskomme, werde ich die Autobahn und die Brücke, die das Finale einleitet, sehen können. So war es dann auch. Ein paar Minuten später lief ich auf den Parkplatz in Stegen ein. Erwartungsgemäß war niemand mehr da, so musste ich mein Finish allein feiern. Kurz die, wieder einmal sehr schöne Medaille von Bernie umgehängt, ein Selfie gemacht und schon war ausgefeiert. Mir war kalt, ich war müde und wollte nach Hause.

Es dauerte etwas, bis ich realisiert hatte, dass ich mal wieder einen Ultra ins Ziel gebracht habe, auch wenn von der Form von vor ein paar Jahren nicht mehr viel über ist. Ich werde weiterlaufen und schauen, wie es läuft. Ich bin weiter zuversichtlich, will aber nichts über den Zaun brechen. Ich möchte mich gerne bei Bernie bedanken, der das alles mal wieder souverän geplant und durchgeführt hat. Inklusive toller Medaille und einer schönen Urkunde. Auch bedanken möchte ich mich bei Roland. Deine E-mail nach dem Lauf war für mich wirklich sehr emotional. Danke für Deine Empathie und Deine aufmunternde Worte. Ich freue mich auf alles weitere, was da noch so kommt. Versprechen kann und werde ich nichts.
   
   
   
Charly
Bernie
Greppi
5:52:53
7:12:08
8:50:50
 
 
...
Laufbericht 2025 auf Runner's World | Ammersee Ultra mit Bonusmeter | Roland Krauss

Laufbericht 2025 | Abenteuer Uferweg | Bernie Manhard

Laufbericht 2021 | Andersrum | Andreas Greppmeir

Laufbericht 2021 | Es geht wieder los | Bernie Manhard

Laufbericht 2021 auf MARATHON4YOU | Der Weg ist das Ziel | Klaus Sobirey

Laufbericht 2020 | Gibt's nicht? – Gibt's doch! – Part 2 | Andreas Greppmeir

Laufbericht 2020 | Das Beste kommt zum Schluss | Bernie Manhard

Laufbericht 2020 auf MARATHON4YOU | Rund um den Ammersee | Klaus Sobirey
...
 
   
HOME  | TERMINE | TRAINING | NEWS | MEDAILLEN |  CHALLENGE |  RUNNER | KONTAKT