Vor rund 14.000 Jahren erstreckte sich der Ammersee in Nord-Süd-Richtung über etwa 37 km und bedeckte eine Fläche vom heutigen Weilheim im Süden bis Grafrath im Norden. Auch das bei Herrsching nach Nordosten abzweigende Becken mit dem heutigen Pilsensee war noch ein Teil des Gesamtsees, somit hätte man damals für eine Umrundung wohl gut und gerne weit über 100 km zurücklegen müssen. Mittlerweile hat der See nur mehr eine Länge von 16 km, wodurch wir nach einer Streckenoptimierung bei unserer dritten Umrundung eine Distanz von gut 46 km erreichen, womit wir immer ganz sicher auf Ultramarathonlänge kommen.
Nach dem Chiemsee und Starnberger See ist der Ammersee der drittgrößte See in Bayern, für viele ist er aber dafür der schönste, wie für Klaus Sobirey, der mir mit seinem Bericht auf MARATHON4YOU die Inspiration für diesen Lauf gegeben hat. Zu Coronazeiten war es sehr schwierig unser Pensum an Läufen aufrecht zu erhalten, so organisierten wir nach ein paar Streckenerkundungen 2020 und 2021 die ersten beiden Auflagen des „Rund um den Ammersee Ultra“. Nachdem wir bei der Erstauflage noch höchstgefährlich entlang der stark frequentierten Dießener Straße ohne Fuß- und Radweg von Dießen nach Fischen liefen, konnten wir diese noch durch eine schöne und gefahrenfreie Alternative etwas weiter nach Süden ersetzen. Bewährt hat sich zudem die Runde im Uhrzeigersinn zu laufen.
Auf mehrfachen Wunsch, pack mers heuer nach vier Jahren Pause wieder an. Die dritte Auflage soll unbedingt im Sommer stattfinden, auch wenn wir damit rechnen müssen, um die Jahreszeit gehörig ins Schwitzen zu kommen. Aber zu der Zeit sind alle Biergärten und Kioske entlang des Sees geöffnet, somit müssen wir nicht zwingend literweise Flüssigkeit mitschleppen. Und so ein kurzer Einkehrschwung hat ja auch etwas für sich. Aus dem Alter, den See schnellstmöglich zu umrunden sind alle Teilnehmer bereits hinaus.
Gegenüber des Dampferstegs in Stegen gibt es einen großen Parkplatz, der zumindest bei frühzeitiger Ankunft, ausreichend Platz für einige Dutzend PKWs und Wohnmobile bietet. Nach Internet-Recherche soll es aber hin und wieder größere Probleme mit der Zahlfunktion geben, so kann man angeblich oft nur noch per App bezahlen. Das ganze Theater im Web entpuppt sich zum Glück als reine Panikmache. An einem Automaten ist immer noch Münzzahlung möglich, dazu auch per Kartenzahlung und App.
Leider kommt es wettermäßig ganz anders, als wir uns das so vorgestellt hatten, der Sommer macht seit drei Wochen Pause und viel Wasser von oben wie von unten ist uns vorhergesagt. Noch im Juni machte man sich am Ammersee große Sorgen, sollte der Wasserstand von damals 130 cm, noch weiter fallen, könnten bald keine Dampfer mehr anlegen. Seit Mitte Juli steigt das Wasser aber wieder kontinuierlich und heute liegen wir bei 175 cm und näheren uns dem mittleren Hochwasserstand von 195 cm. So schnell kann das gehen. Bei extremen Wetterereignissen kann der Pegel sogar noch deutlich überschritten werden, der höchste je gemessene Wasserstand betrug 337 cm im Mai 1999. Ein Datum, das auch bei mir noch unangenehme Erinnerung hervorruft, da es damals auch in meinem Heimatort gewaltige Überschwemmungen gab.
Durchgehend grau präsentiert sich uns der Himmel und hat momentan wenig Einsehen mit unseren Plänen. Um 9 Uhr starten wir bei leichtem Regen unsere Runde. Gleich zu Beginn liegt der schönste, aber auch anspruchsvollste Abschnitt vor uns: der Uferweg nach Herrsching. Nach einem Kilometer auf einem Weg neben dem See, geht es im Wald auf den Siebenbrückerl Weg bis nach Buch, wovon wir einige Überqueren. Aber sieben waren das jetzt sicher nicht. Nach zwei Kilometern führt unser Weg direkt ans Seeufer und damit auch zu den ersten schönen kleinen Kiesbuchten und Bootsstegen.
Anfangs sind die Pfade des Uferwegs noch trockenen Fußes zu passieren, aber es wird immer abenteuerlicher. Erste Unterbrechungen fordern kreative Lösungen, man könnte auch sagen kleine Umwege. Die meiste Zeit geht es direkt am Seeufer entlang und wir bekommen viele schöne Ausblicke auf den heute grauen Ammersee geboten, der mit vielen Segelbooten aber gut frequentiert ist. Leider bleibt uns das Alpenpanorama verborgen. 19 Grad Wassertemperatur weist der Ammersee heute auf, Tendenz fallend. Vor vier Wochen war er noch bedeutend wärmer.
Der Pfad ist nur sehr schmal und somit für Radler nicht geeignet. Was uns natürlich sehr entgegen kommt, darüber hinaus ist das Fahrradfahren hier auch gar nicht erlaubt und bei dem heutigen Wetter sind außer ein paar Hundegängern eh nur wenige unterwegs. Oft geht es jetzt direkt an der Wasserkante entlang, was zur Folge hat, dass wir uns immer mal ganz nah ans Ufergestrüpp drücken müssen, um nicht mit den Schuhen ins Wasser einzutauchen, was nicht immer gelingt. Aber man versucht es halt, solange es geht.
Irgendwann ist es dann so weit, wir kommen auf dem Uferweg nicht mehr weiter, entweder wir waten durchs Wasser oder …ja, oder was eigentlich? Wo es an Land weitergehen könnte, ist nicht einzusehen, so hoch steht das Wasser in dieser kleinen Bucht, die zugleich auch eine Anlegestelle eines Privatgrundstücks ist. Roland, Greppi und ich rätseln. Wir beschließen auf gut Glück über einen schmiedeeisernen Zaun in das Grundstück einzusteigen, uns durch die Boote zu schlängeln und es gegenüberliegend wieder zu verlassen. Das haut hin, einige Meter weiter ist die Fortsetzung des Uferweges tatsächlich auch wieder auszumachen. Raus geht es über das Eingangstor zum See.
Je länger ich unterwegs bin und je tiefer ich in dieses Abenteuer hineingelange, umso mehr Spaß macht es mir. Klar es regnet, fast ununterbrochen, aber der See und vor allem unser Trail am Ufer entlang haben auch bei diesem Wetter wunderschöne Seiten und vor allem Überraschungen.
Mit einer weiteren werden wir einen Kilometer später konfrontiert, ein Schild weist uns plötzlich mitten in der Pampa auf ein Ende des Uferwegs hin. Ich versuche es trotzdem, aber nach ein paar Meter ist wirklich kein Weiterkommen mehr ohne Wasserdurchquerung in Kniehöhe möglich. Mein Track verrät mir, dass wir beim letzten Mal hier schon noch weiterlaufen konnten. Eine Alternativroute führt etwas höher durch den Wald, wo auch bereits der Verkehrslärm der Herrschinger Straße zu vernehmen ist. Also zurück und hoch. Kurz geht es danach wieder runter ans Ufer, aber dort endet dann auch „vorerst“ das Abenteuer Uferweg. Fünfhundert Meter führen an der Straße entlang bis nach Lochschwab. |