Zuletzt gab es den Kini Trail in Füssen im Jahre 2022. Wieder eine Veranstaltung die nach der Pandemie aus dem Laufkalender verschwand. Bernie war dreimal am Start, ich leider nur einmal. 52 Kilometer mit 1500 Höhenmeter, das war schon eine ordentliche Herausforderung, hat aber riesig Spaß gemacht. Uns machte es traurig, dass es diesen Lauf nicht mehr geben sollte und so keimte bei Bernie die Idee auf, das Ganze selbst zu organisieren. Es musste ja nicht unbedingt ein Ultra sein. Mit einem normalen Marathon erreicht man einfach mehr Laufbegeisterte, zumal sich so auch die Höhenmeter reduzieren würden. Eine gute Idee von Bernie waren auch die beiden Schleifen in den K25 Ost und den K25 West aufzuteilen, um so den Versehrten, Hikern oder den Wanderern eine Möglichkeit der Teilnahme zu ermöglichen.
Am frühen Samstagmorgen ist es dann so weit. Die erste Austragung des Kini Marathons steht in den Startlöchern. Ich treffe gemeinsam mit Silke am Parkplatz neben dem Schlossbrauhaus in Schwangau ein. Bernie und Charly sind schon da und Bernie ist angesichts einiger Absagen leicht geknickt. Am Ende sind es sechs Teilnehmer für den Marathon und dann ist da noch Silke, die sich für den K25 Ost entschieden hat. Für sie stehen 24 Kilometer und rund 500 Höhenmeter auf dem Programm. Ich freue mich auf einen schönen Tag. Die Sonne scheint und es hat auch um neun Uhr morgens schon angenehme Temperaturen. Ich bin mäßig trainiert und erleichtert, dass ich bei meinen Wandereinlagen nicht frieren werde. Mein Laufrucksack ist mit einem Wechselshirt, drei Flaschen Iso und zwei Brezen ausreichend gefüllt. Zudem sind noch meine Laufstöcke am Rucksack angebracht. Sicher ist sicher.
Irgendwo in der Nähe schlägt eine Kirchturmuhr. Es ist neun Uhr. Zeit um loszulaufen. Bernie hält noch eine kurze Ansprache, wünscht allen gutes Gelingen und los geht‘s. Ich wünsche natürlich Silke noch viel Spaß und schon sind wir weg. Bernie, Charly und ich bilden die „Rote-Laternen-Gruppe“. Stefan, Frank und Klaus werden die Plätze auf dem Stockerl unter sich ausmachen. Doch schon auf den ersten Metern müssen wir unser Spitzentrio erst mal wieder neu einnorden. Bereits an der ersten Gabelung kommen sie vom rechten Weg ab. Ein kurzer Pfiff und schon sind sie wieder in der richtigen Richtung unterwegs. Die nächste Gabelung versäumen diesmal selbst wir, bemerken es jedoch schnell und pfeifen die Drei erneut zurück. Kurz sind wir dadurch in Führung, werden jedoch gleich wieder überholt. Ab nun müssen die Drei alleine klarkommen, denn sie ziehen uns schnell davon.
Es geht in Richtung Füssen. Die Strecke ist mir vom Füssen Marathon bekannt. Kurz vor Füssen überqueren wir den Lechsteg. Die türkisblaue Farbe des Lechs finde ich immer wieder faszinierend. Das liegt übrigens am hohen Gehalt von gelösten Mineralien aus dem Kalkgestein der Alpen und der niedrigen Wassertemperatur. Die Mineralien bzw. Sedimente streuen und brechen das Sonnenlicht, wodurch die blauen Lichtanteile stärker reflektiert werden und das Wasser türkisblau erscheinen lassen. Schon eine prima Sache diese Sedimente. Leider schaffen sie es nie bis in unsere Gefilde, dann würde ich nämlich wesentlich öfters am Lech trainieren. Nach dem Steg geht‘s nach links in Richtung Hohes Schloss, das wir unterhalb passieren. Bis dahin kann ich mich noch etwas am Lech erfreuen. Bis jetzt läuft es ganz gut. Wir sind zwar noch nicht wahnsinnig weit gelaufen, es ist aber doch ein kleiner Indikator für den weiteren Verlauf.
Wir laufen am Hohen Schloss vorbei, das majestätisch über uns thront. Heute kann man dort in der Staatsgalerie Kunstwerke der Spätgotik und Renaissance besichtigen. Die Städtische Galerie zeigt Gemälde des 19. Jahrhunderts. Für mich als Kulturbanause also kein Grund mal im Hohen Schloss vorbeizuschauen. Unser nächstes Ziel wird der Weissensee sein. Bis dahin laufen wir aber noch durch ein Waldgebiet mit schönen Wegen und auch einigen Trails. Den Eingang in die Trails müssen wir jedoch ab und zu suchen, denn auch unsere Navigationssysteme sind sich manchmal nicht einig, wohin uns der Weg führt. Schließlich kommen wir jedoch gut am Weissensee an.
Bernie und ich sind uns einig, dass wir ihn deutlich kleiner in Erinnerung haben. Tatsächlich ist der schön gelegene See 2,4 Kilometer lang und 600 Meter breit. Seine langgezogene Form ist auf die Eiszeiten und den Lechgletscher zurückzuführen. Wir laufen am Südufer entlang Richtung Westen. Der schmale Weg direkt am Ufer gebietet nur gelegentlich unsere Aufmerksamkeit, was den Untergrund betrifft. Ein Highlight auf unserem Weg ist natürlich das Felsentor, ein äußerst beliebtes Fotomotiv im Allgäu. Man findet es etwa auf der Hälfte des Südufers und da heißt es den Kopf einziehen, sonst gibt‘s eine Beule. Wir haben unseren Spaß und nutzen es natürlich auch als Fotomotiv.
Ich kann mich noch gut an den Kini Trail erinnern und weiß was nun kommt. Ein schier endlos langer, aber genauso herrlicher Trail, der steil nach oben zum Alatsee führt. Während ich nach oben schnaufe, erinnere ich mich an den Krimi „Seegrund“ aus der Kluftinger-Serie. Die Nazis nutzten den See tatsächlich für Unterwasserversuche, weshalb man am Seegrund auch heute noch Eisenstangen und -gestelle finden kann. Das gegen Ende des 2. Weltkrieges ein Schatz aus dem Schloss Neuschwanstein im See versenkt wurde, konnte jedoch nie bestätigt werden. Aufgrund seiner Tiefe von rund 32 Metern wurden natürlich auch Ungeheuer am Seegrund vermutet. Auch verwunschene Frauen soll es im Alatsee geben, die versuchen attraktive Männer in den See zu locken, um erlöst zu werden. Zur Sicherheit umrunden wir ihn so schnell wie möglich. All das musste auch Klufti bedenken, um seinen Mordfall lösen zu können.
Auf dem Weg zum Oberen See im Faulenbacher Tal wird es Zeit mich von Bernie und Charly zu verabschieden. Ich werde nun ein paar Laufpausen mehr einlegen müssen als die Beiden und so lasse ich sie ziehen. Es geht wellig durch ein Waldgebiet, bis ich schließlich den Oberen See erreiche. Auf der gegenüberliegenden Seite gibt es ein Naturfreibad mit mehreren Sprungtürmen. Wie man hört, ist das Bad gut besucht. Bei den inzwischen herrschenden Temperaturen kein Wunder. Auch am Mittersee, der nun vor mir liegt, gibt es eine Badestelle, jedoch ohne Bademeister. Mehrere Generationen von Kindern aus Füssen haben hier das Schwimmen gelernt. Mein Navi will mich nun auf einen Pfad zur Waldwirtschaft am Mittersee schicken. Dieser ist jedoch aufgrund von Unwetterschäden gesperrt und ich muss mir einen neuen Weg suchen. Es ist jedoch kein Problem und wenige Minuten später befinde ich mich wieder in der Spur.
Über einen schmalen Pfad mit urigen Treppenstufen bewege ich mich vorsichtig zum Lechfall hinunter. Der Lechfall ist eine im 18. Jahrhundert angelegte Staustufe. Hier stürzt der Lech in eine enge Klamm, bevor er schließlich an Füssen vorbeifließt. Zu Beginn der Schneeschmelze entwickelt der Lech hier eine enorme Kraft und das Tosen des Wassers lockt noch mehr Touristen an als sonst. Die Anzahl der Besucher ist auch heute enorm. Auf dem Maxsteg, von dem man eine herrliche Aussicht auf den Lechfall hat, muss ich mir meinen Weg durch die Menschen suchen. Über eine Treppe geht es wenig später hinunter zum Walderlebniszentrum Ziegelwies. Dieses ist vor allem für Kinder und Familien angelegt worden. So halten in dem Moment, als ich an der Treppe ankomme, zwei Busse und spucken unzählige Familien aus, die sich lautstark auf den Weg machen.
Ich schlängle mich irgendwie durch und komme im Walderlebniszentrum an. Ich war vor ein paar Jahren im Rahmen eines Schützenausfluges dort und kenne natürlich auch den Baumkronenweg, den es nun zu überqueren gilt. Bernie machte uns vor dem Start darauf aufmerksam, dass das nicht zwingend notwendig ist. Wer will kann mit ein paar Metern Umweg die Brücke umgehen. Mir geht es in diesem Moment nicht um die fünf Euro Eintritt, das Überlaufen wäre mit Sicherheit ein Spaß gewesen, aber angesichts der vielen Menschen, mit denen ich dieses Vergnügen teilen soll, macht es mir leider unmöglich. Zu viele Personen und vor allem der damit verbundene Geräuschpegel sind für mich ein unnötiges Risiko. Ich wähle den weiteren Weg durch den Wald und versuche die teils lautstarken Freudenschreie der Kinder auszublenden. |