20.9.2025 Kini Marathon
Autor: Andreas Greppmeir  
 
 
 

Zuletzt gab es den Kini Trail in Füssen im Jahre 2022. Wieder eine Veranstaltung die nach der Pandemie aus dem Laufkalender verschwand. Bernie war dreimal am Start, ich leider nur einmal. 52 Kilometer mit 1500 Höhenmeter, das war schon eine ordentliche Herausforderung, hat aber riesig Spaß gemacht. Uns machte es traurig, dass es diesen Lauf nicht mehr geben sollte und so keimte bei Bernie die Idee auf, das Ganze selbst zu organisieren. Es musste ja nicht unbedingt ein Ultra sein. Mit einem normalen Marathon erreicht man einfach mehr Laufbegeisterte, zumal sich so auch die Höhenmeter reduzieren würden. Eine gute Idee von Bernie waren auch die beiden Schleifen in den K25 Ost und den K25 West aufzuteilen, um so den Versehrten, Hikern oder den Wanderern eine Möglichkeit der Teilnahme zu ermöglichen.

Am frühen Samstagmorgen ist es dann so weit. Die erste Austragung des Kini Marathons steht in den Startlöchern. Ich treffe gemeinsam mit Silke am Parkplatz neben dem Schlossbrauhaus in Schwangau ein. Bernie und Charly sind schon da und Bernie ist angesichts einiger Absagen leicht geknickt. Am Ende sind es sechs Teilnehmer für den Marathon und dann ist da noch Silke, die sich für den K25 Ost entschieden hat. Für sie stehen 24 Kilometer und rund 500 Höhenmeter auf dem Programm. Ich freue mich auf einen schönen Tag. Die Sonne scheint und es hat auch um neun Uhr morgens schon angenehme Temperaturen. Ich bin mäßig trainiert und erleichtert, dass ich bei meinen Wandereinlagen nicht frieren werde. Mein Laufrucksack ist mit einem Wechselshirt, drei Flaschen Iso und zwei Brezen ausreichend gefüllt. Zudem sind noch meine Laufstöcke am Rucksack angebracht. Sicher ist sicher.

Irgendwo in der Nähe schlägt eine Kirchturmuhr. Es ist neun Uhr. Zeit um loszulaufen. Bernie hält noch eine kurze Ansprache, wünscht allen gutes Gelingen und los geht‘s. Ich wünsche natürlich Silke noch viel Spaß und schon sind wir weg. Bernie, Charly und ich bilden die „Rote-Laternen-Gruppe“. Stefan, Frank und Klaus werden die Plätze auf dem Stockerl unter sich ausmachen. Doch schon auf den ersten Metern müssen wir unser Spitzentrio erst mal wieder neu einnorden. Bereits an der ersten Gabelung kommen sie vom rechten Weg ab. Ein kurzer Pfiff und schon sind sie wieder in der richtigen Richtung unterwegs. Die nächste Gabelung versäumen diesmal selbst wir, bemerken es jedoch schnell und pfeifen die Drei erneut zurück. Kurz sind wir dadurch in Führung, werden jedoch gleich wieder überholt. Ab nun müssen die Drei alleine klarkommen, denn sie ziehen uns schnell davon.

Es geht in Richtung Füssen. Die Strecke ist mir vom Füssen Marathon bekannt. Kurz vor Füssen überqueren wir den Lechsteg. Die türkisblaue Farbe des Lechs finde ich immer wieder faszinierend. Das liegt übrigens am hohen Gehalt von gelösten Mineralien aus dem Kalkgestein der Alpen und der niedrigen Wassertemperatur. Die Mineralien bzw. Sedimente streuen und brechen das Sonnenlicht, wodurch die blauen Lichtanteile stärker reflektiert werden und das Wasser türkisblau erscheinen lassen. Schon eine prima Sache diese Sedimente. Leider schaffen sie es nie bis in unsere Gefilde, dann würde ich nämlich wesentlich öfters am Lech trainieren. Nach dem Steg geht‘s nach links in Richtung Hohes Schloss, das wir unterhalb passieren. Bis dahin kann ich mich noch etwas am Lech erfreuen. Bis jetzt läuft es ganz gut. Wir sind zwar noch nicht wahnsinnig weit gelaufen, es ist aber doch ein kleiner Indikator für den weiteren Verlauf.

Wir laufen am Hohen Schloss vorbei, das majestätisch über uns thront. Heute kann man dort in der Staatsgalerie Kunstwerke der Spätgotik und Renaissance besichtigen. Die Städtische Galerie zeigt Gemälde des 19. Jahrhunderts. Für mich als Kulturbanause also kein Grund mal im Hohen Schloss vorbeizuschauen. Unser nächstes Ziel wird der Weissensee sein. Bis dahin laufen wir aber noch durch ein Waldgebiet mit schönen Wegen und auch einigen Trails. Den Eingang in die Trails müssen wir jedoch ab und zu suchen, denn auch unsere Navigationssysteme sind sich manchmal nicht einig, wohin uns der Weg führt. Schließlich kommen wir jedoch gut am Weissensee an.

Bernie und ich sind uns einig, dass wir ihn deutlich kleiner in Erinnerung haben. Tatsächlich ist der schön gelegene See 2,4 Kilometer lang und 600 Meter breit. Seine langgezogene Form ist auf die Eiszeiten und den Lechgletscher zurückzuführen. Wir laufen am Südufer entlang Richtung Westen. Der schmale Weg direkt am Ufer gebietet nur gelegentlich unsere Aufmerksamkeit, was den Untergrund betrifft. Ein Highlight auf unserem Weg ist natürlich das Felsentor, ein äußerst beliebtes Fotomotiv im Allgäu. Man findet es etwa auf der Hälfte des Südufers und da heißt es den Kopf einziehen, sonst gibt‘s eine Beule. Wir haben unseren Spaß und nutzen es natürlich auch als Fotomotiv.

Ich kann mich noch gut an den Kini Trail erinnern und weiß was nun kommt. Ein schier endlos langer, aber genauso herrlicher Trail, der steil nach oben zum Alatsee führt. Während ich nach oben schnaufe, erinnere ich mich an den Krimi „Seegrund“ aus der Kluftinger-Serie. Die Nazis nutzten den See tatsächlich für Unterwasserversuche, weshalb man am Seegrund auch heute noch Eisenstangen und -gestelle finden kann. Das gegen Ende des 2. Weltkrieges ein Schatz aus dem Schloss Neuschwanstein im See versenkt wurde, konnte jedoch nie bestätigt werden. Aufgrund seiner Tiefe von rund 32 Metern wurden natürlich auch Ungeheuer am Seegrund vermutet. Auch verwunschene Frauen soll es im Alatsee geben, die versuchen attraktive Männer in den See zu locken, um erlöst zu werden. Zur Sicherheit umrunden wir ihn so schnell wie möglich. All das musste auch Klufti bedenken, um seinen Mordfall lösen zu können.

Auf dem Weg zum Oberen See im Faulenbacher Tal wird es Zeit mich von Bernie und Charly zu verabschieden. Ich werde nun ein paar Laufpausen mehr einlegen müssen als die Beiden und so lasse ich sie ziehen. Es geht wellig durch ein Waldgebiet, bis ich schließlich den Oberen See erreiche. Auf der gegenüberliegenden Seite gibt es ein Naturfreibad mit mehreren Sprungtürmen. Wie man hört, ist das Bad gut besucht. Bei den inzwischen herrschenden Temperaturen kein Wunder. Auch am Mittersee, der nun vor mir liegt, gibt es eine Badestelle, jedoch ohne Bademeister. Mehrere Generationen von Kindern aus Füssen haben hier das Schwimmen gelernt. Mein Navi will mich nun auf einen Pfad zur Waldwirtschaft am Mittersee schicken. Dieser ist jedoch aufgrund von Unwetterschäden gesperrt und ich muss mir einen neuen Weg suchen. Es ist jedoch kein Problem und wenige Minuten später befinde ich mich wieder in der Spur.

Über einen schmalen Pfad mit urigen Treppenstufen bewege ich mich vorsichtig zum Lechfall hinunter. Der Lechfall ist eine im 18. Jahrhundert angelegte Staustufe. Hier stürzt der Lech in eine enge Klamm, bevor er schließlich an Füssen vorbeifließt. Zu Beginn der Schneeschmelze entwickelt der Lech hier eine enorme Kraft und das Tosen des Wassers lockt noch mehr Touristen an als sonst. Die Anzahl der Besucher ist auch heute enorm. Auf dem Maxsteg, von dem man eine herrliche Aussicht auf den Lechfall hat, muss ich mir meinen Weg durch die Menschen suchen. Über eine Treppe geht es wenig später hinunter zum Walderlebniszentrum Ziegelwies. Dieses ist vor allem für Kinder und Familien angelegt worden. So halten in dem Moment, als ich an der Treppe ankomme, zwei Busse und spucken unzählige Familien aus, die sich lautstark auf den Weg machen.

Ich schlängle mich irgendwie durch und komme im Walderlebniszentrum an. Ich war vor ein paar Jahren im Rahmen eines Schützenausfluges dort und kenne natürlich auch den Baumkronenweg, den es nun zu überqueren gilt. Bernie machte uns vor dem Start darauf aufmerksam, dass das nicht zwingend notwendig ist. Wer will kann mit ein paar Metern Umweg die Brücke umgehen. Mir geht es in diesem Moment nicht um die fünf Euro Eintritt, das Überlaufen wäre mit Sicherheit ein Spaß gewesen, aber angesichts der vielen Menschen, mit denen ich dieses Vergnügen teilen soll, macht es mir leider unmöglich. Zu viele Personen und vor allem der damit verbundene Geräuschpegel sind für mich ein unnötiges Risiko. Ich wähle den weiteren Weg durch den Wald und versuche die teils lautstarken Freudenschreie der Kinder auszublenden.

 

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Als ich den Erlebniswald hinter mir lasse, wird es wieder herrlich ruhig. Da macht mir selbst der leichte Anstieg, der nun vor mir liegt, nichts mehr aus. An einer Gabelung will mich nun mein Navi nach rechts führen. Doch erkenne ich da ein Problem. Eine rot-weiße Flatterleine und der Hinweis, dass der Wanderweg aufgrund von Unwetterschäden gesperrt ist. Schon wieder. Ich wäge kurz meine Möglichkeiten ab. Der linke Weg führt leicht den Berg hinunter. Wohin er allerdings richtungsmäßig führt, erschließt sich mir nicht. Oder ich wähle den gesperrten Weg. Ich bin alleine im Wald, niemand würde mich sehen. Ich entscheide mich für die zweite Variante. Mal schauen, was auf mich zukommt und dann werde ich entsprechend reagieren.

Zu Beginn ist es gar nicht tragisch. Ein paar umgestürzte Bäume. Obendrüber oder untendurch. Für einen geübten Trailrunner kein Problem. Ein paar kleine Holzstege sind intakt. Es läuft. Dann stehe ich aber vor zwei oder drei umgestürzten Tannen oder sonstigem Nadelgewächs, ich bin kein Dendrologe und zudem ratlos. Nicht, weil ich von Nadelbäumen keine Ahnung habe, sondern weil sie mir den Weg versperren. Ich sehe jedenfalls kein Weiterkommen und selbst wenn, weiß ich ja nicht, ob es besser wird. Auch wenn ich überhaupt keine Lust habe, drehe ich leicht frustriert um. Der Hin- und Rückweg, sowie der Umweg über die linke Strecke, bringen mir zusätzliche drei Kilometer ein.

Zur Belohnung wartet nun aber der herrlich gelegene Alpsee auf mich. Dieser wird mich auf meinem Weg nun eine ganze Zeit lange begleiten. Er hat einen Umfang von etwa 4,7 Kilometern und ich laufe nahezu ganz herum. Damit sind auch meine zusätzlichen drei Kilometer schnell vergessen. Kurz bevor ich mich wieder vom Alpsee trennen muss, erkenne ich ein weiteres Naturfreibad. Ich luge um die Ecke und kann mein Glück kaum fassen. Es gibt einen Kiosk mit Kaltgetränken. Auf der Getränketafel steht auch ein „Hacker-Pschorr-Hell“. Für 4,50 Euro wahrlich kein Schnäppchen, aber die habe ich mir ja zuvor beim Baumkronenweg gespart. Kurz darauf schreite ich mit einer eiskalten Bügelflasche auf die Terrasse und suche mir ein schattiges Plätzchen. Dass ich mich nun im Freibad befand und eigentlich Eintritt hätte zahlen müssen, war mir in meiner Glückseligkeit nicht bewusst. Dem Kassier jedoch auch nicht. Es ist wieder einmal Zeit mich bei Silke zu melden und zu fragen, wie es bei ihr so läuft.

Bei ihr ist alles gut und bei mir auch. Ich erzähle ihr, dass ich ungefähr 28 Kilometer auf der Uhr habe und so noch etwa 16 Kilometer vor mir liegen. Ein paar Rentner sehen mich ungläubig an. Ob sie meinem Gespräch gelauscht haben oder sich an meinem verschwitzten Äußeren stören, ist mir in diesem Moment nicht klar. Als ich Silke weiter berichte, dass ich vor einem kühlen Bier auf einer Terrasse sitze und einen sehenswerten Ausblick auf einen lilafarbenen Stringtanga habe, weiß ich, dass die Rentner tatsächlich gelauscht haben. Wir blicken nun allesamt in die gleiche Richtung.
Es hilft nichts. Ich muss mich letztendlich doch von meiner Aussicht losreißen und weiterlaufen.

Immerhin liegt noch der Anstieg zur Bleckenau, wo der gleichnamige Berggasthof liegt, vor mir. Das Gebäude ließ König Maximilian II um 1850 als Jagd- und Wochenendhaus errichten. Die Architektur erinnert stark an den früheren Schweizer Stil, weshalb es auch Schweizerhaus genannt wurde. Es war ein Geschenk für seine Frau Marie. Später wurde es durch den Kini genutzt. Das Adelsvolk wusste früher schon, wo es schön ist. Inzwischen ist das Schweizerhaus als Baudenkmal in die Bayerische Denkmalliste eingetragen. Gerne wäre ich noch kurz eingekehrt, aber irgendwie treibt es mich schön langsam, aber sicher gen Ziel.

Es sind nur noch ein paar Kilometer bis Hohenschwangau. Die Beine sind inzwischen ganz schön schwer, die Motivation noch ein paar Meter zu laufen geht in Richtung Null. Dennoch quäle ich mich weiter. Ich komme an die Abzweigung, an der es rechts zur Marienbrücke geht. Diese habe ich erst vor ein paar Monaten gemeinsam mit Silke besucht (tatsächlich zum ersten Mal), so dass ich heute keine Lust mehr auf die Marienbrücke oder Schloss Neuschwanstein habe. Keinen Blick verschwende ich darauf, ich will einfach nur noch ins Ziel. Ich hatte die Strecke gar nicht so anstrengend in Erinnerung. Heute ist es aber wirklich zäh.

Aber von jetzt an geht es bis Hohenschwangau auf einer Teerstraße nur noch bergab. Ich schätze die Entfernung ab und komme zu dem Schluss, dass ich beim Erreichen des Parkplatzes unterhalb von Hohenschwangau den Marathon voll haben werde. Ich informiere Silke, die meinen Plan, den Lauf dort zu beenden sogar noch von Bernie absegnen lassen kann. Er ist bereits im Ziel und Silke macht sich auf den Weg mich abzuholen. Ich bin erleichtert die rund vier Kilometer bis Schwangau nicht mehr laufen zu müssen. Diese waren mir als ziemlich langweilig und somit zäh in Erinnerung. Silke parkt bereits abfahrbereit, als ich unten ankomme. Etwas muss sie sich jedoch gedulden. Ein paar kleine Runden über den Parkplatz, noch kurz in eine Seitenstraße und zurück, dann habe ich 42,3 Kilometer auf der Uhr und das Unternehmen Kini Marathon ist für mich beendet.

Auch Silke, die trotz ihrer Schulterschmerzen den K25 Ost erfolgreich beendet hat, ist platt. Mein Zielbier muss noch etwas warten. Silke zieht es nach Hause und auch ich bin von den sehr touristisch angehauchten Gaststätten um mich herum nicht wirklich angetan. Eine Tankstelle wird mir auch reichen. Als ich dort auch noch ein eiskaltes Sixpack „Engelbräu“ ergattern kann, findet der Tag doch noch ein gutes Ende. In der Rettenberger Brauerei hatte mein Vater seine Lehre als Bierbrauer gemacht und so ein Englbräu ist für mich immer wieder eine schöne Erinnerung.

Rückblickend war der Kini Marathon schon eine tolle Sache, die mich aber immer wieder an meine Grenzen brachte. Die lange Laufpause und das nur unregelmäßig Training waren neben den hohen Temperaturen wohl maßgeblich dafür. Dass Bernie den Lauf auch als mühsam einstufte, beruhigt mich dann doch etwas. Jedenfalls habe ich nun eine wunderschöne Medaille zu Hause an der Wand hängen. Eine Urkunde gab es natürlich auch. Dass sie sich zu den vielen anderen im Sammelorder gesellen muss, finde ich schon fast bedauerlich. Mein Dank gilt Bernie, der immer wieder derartige Läufe möglich macht. Diese sind momentan noch meine einzige Möglichkeit, um meine Marathonsammlung auszubauen. Beim nächsten Mal bin ich sicher wieder mit dabei.

 
   
   
   
Charly
Bernie
Greppi
Silke
7:59:51
8:05:58
8:33:16
7:23:55
(K25)
 
   
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