In Spalt, in Spalt
Dou wera die Leit gor alt
Sie kenna nix dafier
Dös macht ös goute Bier
Egal ob im kleinsten Dorf oder in den fränkischen Städten, im Bierland Franken ist die nächste Brauerei nie weit entfernt. Rund 300 Brauereien halten in der Region die Brauerskunst hoch. Eine Besonderheit ist dabei die Stadtbrauerei Spalt, sie ist die einzige kommunale Brauerei Deutschlands. Seit über 450 Jahren wird hier Bier gebraut. 1879 ging die Brauerei an die Stadt über, deren mittlerweile 5000 Bürger seitdem stolze Brauereibesitzer sind. Oberster Chef ist somit der Bürgermeister. Glaubt man den Reim zur Einleitung, für alle eine Win-Win-Situation.
Eine noch ganz junge Veranstaltung ist der „Spalter Freiheit Hügelland Trailrun“, heuer findet die 3. Auflage statt. Schritt für Schritt hat man die Teilnehmerzahlen gesteigert. Premiere war 2023 mit 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Nach 520 Startern im Vorjahr dürfen heuer bereits 750 Personen an den Start gehen. Die Spalter Brauerei zählt zu einem der drei wichtigsten Partner des Events und ihr Bier „Spalter Freiheit“ hat es sogar bis in die Namensbezeichnung geschafft. Sportlergerecht handelt es sich dabei um die alkoholfreien Varianten der Brauerei.
Veranstalter des Events ist der TSV Katzwang 05, 30 km von Spalt entfernt und hier genau die noch junge Abteilung Ultrasport mit Rennleiter Florian Geffers. Hauptbestandteil bei einer Anmeldung ist ein hochwertiges Laufshirt des Partners René Rosa Trikotmanufaktur, der Rest des Startgeldes wird hauptsächlich für die Verpflegung auf der Strecke verwendet. Als gemeinnütziger Verein steht man dafür, dass alle Einnahmen der Veranstaltung dienen und kein Gewinn damit erzielt wird. Besonders freuen würde man sich dann auch, wenn das Shirt während des Trailruns auch getragen wird.
Die Idee für diesen Lauf ist aber schon etwas älter. Der Lauf folgt den Wegen und Pfaden der Spalter Hügelland Tour. Dessen permanent beschilderten knapp 22 Kilometer bieten vielseitige Natur, steile Anstiege, Schluchten, Burgen und mittelalterliche Walle. Mit ein paar verlängerten Abweichungen kommt man beim Hügelland Trailrun auf ziemlich genau 23 km und 650 Höhenmeter, die die Runde des 23K ausmacht und auch die Hauptdistanz mit den meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmern einnimmt. Aber natürlich bietet die Abteilung Ultrasport auch einen Ultra an. Beim 46K wird noch eine zweite Runde gelaufen, diese wird als Besonderheit dann aber in die entgegengesetzte Richtung gelaufen. Zudem werden noch ein 13K und neu für Einsteiger ein 6K angeboten.
Wo genau befindet sich denn nun Spalt? Der Ort liegt im Herzen des Landkreises Roth, weitbekannt durch seinen Triathlon am Rothsee. Nach Nürnberg sind es etwa 50 km, den Großen Brombachsee kann man mit einer schönen Wanderung locker zu Fuß erreichen. Für mich aus Augsburg beträgt die Anreise etwa 120 km. Das könnte ich zur Not auch am frühen Morgen zurücklegen, aber das Programm am Samstag ist dermaßen interessant, dass ich kurzfristig noch eine Übernachtung vor Ort vorziehe.
Start- und Ziel befinden sich vor und in der Erlebniswelt HopfenBierGut. Einem Museum rund um die Hopfen- und Bierkultur im fränkischen Seenland. Im ehemaligen Kornhaus darf der Hügelland Trailrun fast die gesamte Location nutzen. Mein erster Weg führt in den zweiten Stock, wo wir in einer imposanten Innenkonstruktion aus uralten Balken von 17 – 20 Uhr unsere Startunterlagen empfangen können. Wow, wirklich spektakulär und wunderschön. Der Fachwerkbau wurde 1457 errichtet und von 1897 bis 1984 als Hopfenlager genutzt. Nach einer aufwendigen Renovierung wurde auf 1200 qm die Welt des Hopfens und des Bieres erlebbar gemacht. Hier oben gibt es alte Gerätschaften und alles, was mit der Gewinnung des Hopfens zu tun hat, zu bewundern.
Im Untergeschoß findet um 18 Uhr das Race-Briefing statt. Mit Axel bin ich zu Fuß von unserer Unterkunft hierhergekommen. Natürlich nicht ohne Hintergedanken, wir wollen selbstverständlich auch das vielgepriesene Spalter Bier probieren. Auch für den Hunger ist gesorgt, im Außenbereich befindet sich der Food Court, wo man sich mit fränkischen Spezialitäten stärken kann. Im hinteren Bereich des Untergeschosses, wo das Briefing stattfindet, gibt es gemütliche Tische, dazu spielt ein Duo alte Rockklassiker auf der Quetsche und Percussion. Auch in Verbindung mit dem wirklich süffigen Bier lässt sich hier gut aushalten. Bis auf eine kurzfristige Streckenänderung, gibt es dann beim Briefing nur wenige Neuigkeiten, was uns eh nicht schon per Mail mitgeteilt wurde. Aber natürlich können auch Fragen gestellt werden, zu speziellen Themen.
Ultra-Start im Uhrzeigersinn
Für 8 Uhr ist der Start des 46K terminiert, das Briefing von gestern Abend, gibt es in Kurzform zehn Minuten vorher noch einmal. Geändert zum Vorjahr, hat sich die Laufrichtung, es geht für uns erstmal im Uhrzeigersinn auf die erste Runde. Die Läuferinnen und Läufer des 23K, die um 10 Uhr auf ihre Runde gehen, starten entgegengesetzt. Das bedingt natürlich, dass es Gegenverkehr geben wird, hauptsächlich auf den ersten Kilometern des 23K. Da sich auf diesem Abschnitt durch die Massendorfer Schlucht viele Single-Trails befinden, wurde hier kurzfristig eine Streckenänderung beim Ultra vorgenommen. Wir absolvieren unsere letzten drei Kilometer der ersten Runde jetzt auf der Streckenführung des 6K und gehen so diesem Problem aus dem Weg. Der Cut-Off pro Runde liegt bei 3,5 Std., insgesamt gesteht man uns also 7 Stunden zu. Da muss ich mich ranhalten, dessen bin ich mir bewusst.
Wettermäßig hat sich leider in der Nacht auch einiges getan. Die Nebelglocke hat sich aufgelöst, dafür sind dichte Wolken aufgezogen, die auch immer wieder Regen mit sich bringen können. Aber immerhin, ist die Temperatur dafür etwas gestiegen. So 7 bis 8 Grad C sind zu erwarten. Viele am Start haben auch wirklich das Läufershirt an, es steht sinnbildlich für die Unterstützung, die man von den drei Partnern erhält. Aber dem Wetter geschuldet, zieht es auch ein Teil vor, mit Regenjacke zu laufen, obwohl es derzeit gerade nicht regnet. Übrig geblieben von 100 Angemeldeten, sind heute noch 8 Frauen und 74 Männer, da haben es wohl einige vorgezogen, bei dem nasskalten Wetter zu Hause zu bleiben.
Mit dabei sind wieder einige gute Kumpels oder mir gut bekannte, darunter auch Gerhard Börner, er erzählt mir, dass er mitverantwortlich für die Streckenausschilderung ist. Sollte ich mich verfranzen, kenn ich jetzt jemand, bei dem ich mich beschweren kann. Als ich kurz vor dem Start mein GPS starte, muss ich feststellen, dass ich vergessen habe, mir den Track auf die Uhr zu laden. Ist mir noch nie passiert, hoffentlich rächt sich das nicht. Pünktlich können wir loslegen.
Zwischen den Kirchen St. Niklaus und St. Emmeram führen uns verwinkelte Gassen auf Kopfsteinpflaster bereits leicht aufwärts durch die Altstadt. Noch hat sich das Feld nicht entzerrt, so gibt es an einer Treppe einen kurzen Stau. Nach 300 Metern erreichen wir die Stadtbrauerei Spalt. Mit viel Leidenschaft werden hier 21 Bierspezialitäten vom Diplom-Braumeister komponiert. Malz verwendet man nur aus der Region, dazu besten Spalter Aromahopfen, hauseigenes Quellwasser und feinste Brauhefe. Dafür gibt es auch das Qualitätssiegel „Slow Brewing“. Es ist das härteste Siegel auf dem Markt, dabei wird nicht nur das Bier, sondern auch die Unternehmensführung, Marketing und Energiewirtschaft bewertet.
An der ehemaligen Stadtmauer und dem Reifenturm verlassen wir den Ort immer noch leicht aufwärts. Auf dem Galgenberg streifen wir nun die ersten Hopfenfelder. Hier wird der hochfeine Edelaromahopfen angebaut, der dem Spalter Bier seinen besonderen Geschmack verdankt. Er ist fünfmal wertvoller als viele andere Hopfensorten.
Über den Rücken des Galgenbergs führt unsere Strecke nach 3 km zum Schnittlinger Loch, einem ersten Höhepunkt unseres Kurses, wenn man mal von der ganzen Bierlandschaft absieht. Nein, im Ernst, wunderschön geht es durch die wildromantische Schlucht, die auch vom Bayerischen Landesamt für Umwelt als Naturdenkmal erfasst und als Geotop ausgewiesen ist. Fotografisch kann ich das heute leider nicht so festhalten, wie es die Schlucht verdient hätte. Meiner Kamera behagt das dunkle und feuchte Wetter leider überhaupt nicht, so dass ich nur ein paar vorzeigbare Bilder aufweisen kann, die mir zum Teil auch noch von Roland zur Verfügung gestellt wurden. Das Loch ist entstanden durch Unterwaschungen und Unterspülungen. Die Halbhöhlen und Felsabstürze mit einer Höhe von bis zu 15 m erstrecken sich über eine Länge von etwa 50 m. Zuerst geht es für uns kurz runter, über eine Brücke und direkt im Anschluss dürfen wir unter einer überhängenden Felswand wieder aufwärts klettern. Wirklich großartig.
Weniger erfreulich hat sich mittlerweile die Wetterlage entwickelt, immer wieder bekommen wir Wasser von oben ab. Zum Glück nicht sonderlich stark. Fünf größere Aufstiege gibt es für uns pro Runde zu bewältigen, unser erster endet nach 5 Kilometern in Fünfbronn, wo zugleich auch unsere erste Versorgungsstelle eingerichtet ist. Hier gibt es für alle Teilnehmenden etwas Wichtiges zu beachten, auf die wir auch beim Briefing explizit hingewiesen wurden. Die Labestelle liegt etwa 50 Meter neben unserer Laufstrecke in einer Nebenstraße, nicht jeder möchte sich vielleicht nach 5 km bereits verpflegen und spielt mit dem Gedanken, den Besuch zu überspringen. Das ist nicht möglich, da unmittelbar vor der Station eine Zeitmessmatte ausgelegt ist und die muss passiert werden, sonst ist man raus aus der Wertung.
Im Übrigen lohnt sich der Besuch der VP in jedem Fall, der Gabentisch ist reich gedeckt. Die angebotenen Speisen und Getränke aufzuzählen würde hier zu viel Platz einnehmen. Die Kanarischen Salzkartoffeln sollten aber auf alle Fälle erwähnt werden, dazu vielleicht auch für durstige der Blick unter den Tisch. Mehrere Kästen von bevorzugten Getränken der Spalter Brauerei warten auf Abnehmer.
Auf Asphalt geht es wieder raus aus dem Ort und abwärts in den Wald hinein. Mittlerweile habe ich durch beschlagene und nasse Gläser nur noch eingeschränkte Sicht und so rausche ich an einer Abzweigung vorbei. Zum Glück werde ich schnell von einem Mitläufer wieder zurückkommandiert, was mir im Anschluss noch zwei weitere Male, zum Glück immer nur für kurze Abschnitte passiert. Mit meiner Brille bin ich heute wirklich beeinträchtigt, obwohl ich sie auch hin und wieder versuche trocken zu wischen. Etwa zwei Kilometer geht es immer leicht abwärts, wir wechseln des Öfteren Richtung und Terrain zwischen Trails, Wegen und Forststraßen. Die sind natürlich besonders gut zu laufen. Leider bin ich dadurch wieder einmal nicht auf die Streckenmarkierungen fixiert. Aber Karl hinter mir kennt sich aus und pfeift mich zurück. Erneute 200 Meter Umweg sind noch zu verschmerzen.
An der verpassten Abzweigung geht es auf einer Forststraße wieder aufwärts, unser nächster Hügel auf dem Höhenprofil ist knapp anderthalb Kilometer lang. Leichtfüßig werde ich von Larissa überholt. Eigentlich müsste sie ja weit vor mir liegen, aber auch sie hat sich verlaufen, erzählt sie mir. Na, dann bin ich wenigstens nicht der Einzige.
Bei der nächsten Bergab-Passage halte ich mich an Karl, er bewegt sich bisher zielsicher über die Strecke und so bleibe auch ich jetzt auf Kurs. Nach absolvierten 10 km sind wir wieder im Tal, hier geht es kurz für 100 Meter an einer Kreisstraße entlang und anschließend wieder bergan. Karl ist mir am Berg etwas zu langsam, so überhole ich ihn. Hätte ich mal lieber nicht gemacht. Nach anderthalb Kilometern Aufstieg durch die bewaldete Ostflanke des Geiersbergs, erreiche ich kurz vor Theilenberg den Waldrand. Ich kann den Pfeil der Ausschilderung erkennen, aber interpretiere ihn falsch. Die Strecke ist in Richtung des 23K ausgeschildert, also genau entgegengesetzt zu unserer ersten Runde, wodurch ich eine Wegegabelung falsch einschätze. Meine Fehlinterpretation bringt mir erneute 300 Zusatzmeter ein und Karl liegt jetzt wieder vor mir und kann sich bald von mir absetzen.
Über die Hauptstraße durchqueren wir den 100-Seelen Ort Theilenberg. Es geht wieder leicht abwärts, aber ich bin mittlerweile im Alarmmodus, wenn ich über 100 Meter keine Streckenmarkierung mehr sehe. Mein inneres Gefühl gibt mir recht, als ich mich umdrehe, winken mir zwei Mitläufer zu, ich solle umkehren. Die Straße ist nass, so habe ich den verwässerten Kreidepfeil übersehen. Heute ist irgendwie der Wurm drin. Mit dem Verläufer übernehme ich auch die Rote Laterne. |