Am Wochenende heißt es für Charly und mich wieder Laufen und Chillen, denn wie so oft in den zurückliegenden Jahren ist der Johannesbad Thermen-Marathon Fixpunkt unseres ersten Februar-Wochenendes und zugleich auch meistens Auftakt unserer Laufsaison. Ich mache heuer das Dutzend an Teilnahmen voll, Charly hat eine weniger. Vor und nach vollbrachter Leistung auf der Laufstrecke ist chillen angesagt und das warme Thermalwasser des Johannesbades fester Bestandteil unseres Weekends.
Bereits seit drei Jahrzehnten lockt der Thermen-Marathon in Bad Füssing Laufsportlerinnen und Läufer ins Bäderdreieck nach Niederbayern, heuer startet die 29. Auflage. Angeboten werden seit eh und je Marathon, Halbmarathon sowie ein 10-km-Lauf. Dazu noch ein Lauf für Schüler. Für Charly und mich kommt natürlich meist nur der Marathon in Frage, allerhöchsten bei nicht ganz so idealem Leistungsstand so früh im Jahr eventuell auch mal nur der Halbe. Für heuer sind wir noch etwas zwiegespalten, aber trotzdem für den Marathon gemeldet.
Vier flache und durchgängig asphaltierte Runden sind beim Marathon zu laufen, wobei eine 11 km und eine 10 km lange Schleife jeweils zweimal absolviert werden müssen, dabei wird jeweils das Ziel vor dem Johannesbad durchlaufen. So bietet sich an schlechten Tagen auch einmal problemlos an, die Strecke zu verkürzen, das haben wir natürlich im Kopf. In die Halbmarathon-Wertung wird man dann allerdings nicht mehr aufgenommen, der Lauf gilt dann als DNF.
Wir reisen am Samstag an, in den letzten Jahren bevorzugt über die A94 von München kommend. Irgendwann soll sie ja durchgängig von der Bayerischen Landeshauptstadt bis zur Anschlussstelle an die A3 bei Pocking verlaufen. Bereits vor über 50 Jahren wurde eine vierspurige Verbindung von München nach Mühldorf in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen. So peu à peu hat sich in den letzten Jahren auch einiges getan. Erst im Dezember wurde ein weiterer 6 km langer Abschnitt zwischen Malching und Kirchham freigegeben, der uns nach einer 40 km langen Lücke ganz nah an Bad Füssing ran bringt. Von 150 km sind mittlerweile 110 km der A94 fertiggestellt. Derzeit im Bau ist der Lückenschluss bis Pocking, eine weitere Verkürzung für alle jene die aus Richtung Passau/Nürnberg oder auch aus Österreich anreisen.
Herrliches Wetter empfängt uns in Bad Füssing, im Großen Kurhaus beginnt bereits um 9 Uhr morgens der Sportkongress. Ab 14 Uhr hat Dieter Baumann im 10. Stock der Fachklinik Johannesbad während des Symposiums seinen Auftritt. Wir sind etwas zu spät dran, darum müssen wir leider drauf verzichten. Macht uns aber nicht so viel aus, wir legen verstärkt am Samstag unseren Fokus aufs chillen. Als gerade bei der Jugend angesagter Slang-Begriff bedeutet „chillen“ ja so viel wie sich auszuruhen oder abzuhängen und das trifft es bei uns auf den Punkt. Wir entspannen uns nach Abholung unserer Startunterlagen erstmal ein paar Stunden im bis zu 35° C warmen Thermalwasser, das hat schon Tradition.
Der Eintritt ist für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer für Samstag und Sonntag nach dem Lauf im Startgeld inbegriffen. Zudem kann man sich gleich mit den Örtlichkeiten des Johannesbades vertraut machen. Der Umkleidebereich der Laufveranstaltung am Sonntag befindet sich ebenfalls im Johannesbad.
Im über 100 Meter langen Strömungskanal, der zu den längsten der Welt gehört, lassen wir uns durch den Außenbereich mit einer Wasserfläche von über 1.000 qm treiben. Dort treffen wir auf Judith und Andreas, sie hängen gerade in Rücken-Wassermassage-Liegen ab. Das ist natürlich auch genau nach unserem Geschmack. Bald wird das Gesprächsthema auf die letzten Marathons der beiden in Madeira, Lanzarote & Gran Canaria gelenkt.
Wir wechseln unseren Standort und bewegen uns in die Salzwasser-Felsenlagune. Im Thermal-Mineralwasser befinden sich hier noch 6 Tonnen Natursalz, das aus dem Urmeer stammt und vor rund 200 Millionen Jahren bei der Entstehung der Alpen tief im Inneren der Berge des Salzkammergutes eingeschlossen wurde. Dort wurde es vor äußeren Umwelteinflüssen bis heute geschützt. Hier ist es noch etwas wärmer, die Wassertemperatur beträgt 35-37° C. Einfach herrlich.
Ob die viele Entspannung für den Marathon morgen sonderlich förderlich sein wird, darüber gibt es unterschiedliche Meinungen. Ich habe hier schon einmal einen kennengelernt, der das vehement ablehnte, das schwefelhaltige Wasser macht langsam, meinte er. Was Charly und mir aber so ziemlich wurscht ist, ein Thermen-Marathon ohne Badevergnügen ist gar nicht vorstellbar.
Judith und Andreas treffen in der Lagune auf einen weiteren flüchtigen Bekannten und auch weitgereisten Marathon-Starter, so erfahren wir auch wieder viele Details von exotischen Marathons in Mumbai, Hongkong, Indien und noch weiteren exotischen Veranstaltungen. So viele Infos und das Abhängen machen natürlich hungrig. Nachdem wir unsere Chill-Einheit durchhaben, machen wir uns auf den Weg ins Thermen-Restaurant, zwischen 16 und 19 Uhr, sind alle Teilnehmer zum Pasta-Essen unter dem Motto "all you can eat" eingeladen. Zum Freigetränk werden noch drei Sorten Nudeln mit drei unterschiedlichen Soßen angeboten. Hungrig muss keiner das Johannesbad verlassen.
Leider hat das Wetter umgeschlagen und in der Nacht sind Wolken aufgezogen, die auch einige Regenschauer beinhalten. Ich überschlage nochmals meine Kleiderwahl, da es aber später trocken sein soll, verzichte ich auf eine Regenjacke, die kurze Hose lasse ich aber wieder in der Tasche verschwinden. Die prognostizierten 6 – 8 Grad sind mir doch zu kühl dafür.
Für Nachmelder ist die Ausgabe der Startnummern im Atrium der Johannesbad-Therme bereits um 7 Uhr morgens möglich. Einheimische machen davon gerne Gebrauch, aber heuer siehts da etwas mau aus, so viele scheinen sich das nicht mehr zu überlegen, obwohl hier keine zusätzliche Nachmeldegebühr erhoben wird. Der Wetterumschwung wird hier seinen Teil dazu beigetragen haben. Die Organisationsgebühr ist im Übrigen immer gleich, es gibt auch für Spätentschlossene keine höheren Gebühren. Beim Marathon und Halbmarathon beträgt sie € 49. Mit zwei Eintritten in die Therme und dem Pasta-Essen haben wir die Gebühr schon längst wieder herinnen. Auf der Empore über dem Nachmeldeschalter sorgt die bayerische Blaskapelle Querdreiba für volkstümliche Unterhaltung.
Pünktlich um 9.45 Uhr geben die Hofmark Böllerschützen Aigen das Startsignal für den 10km-Lauf. Mit fast 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist er auch die beliebteste Distanz, aber nur knapp vor dem Halbmarathon mit drei Handvoll weniger. Unter die Starter beim Zehner hat sich auch unser Olympiasieger von Barcelona 1992 über 5000 Meter gemischt. Auch über 30 Jahre später kann Dieter Baumann die Zehner-Strecke heute noch locker und flockig unter 40 Minuten absolvieren.
Mit Charly besuche ich noch schnell das Verpflegungszelt hinter dem Zielbogen. Hier kann man sich bereits am vollen Verpflegungsangebot mit Getränken, Obst oder auch am großen Kuchenbuffet bedienen. Wer partout die Therme nicht betreten will, oder es vielleicht nach dem Zieleinlauf ziemlich eilig hat, könnte hier auch seine Ersatzkleidung deponieren. Das scheinen aber doch sehr wenige im Sinn zu haben.
Dann geht’s in die Startaufstellung. Das Wettertiming passt, die letzten Tropfen sind kurz vor dem Start des Zehners, noch vom Himmel gefallen. 196 Teilnehmende am Marathon vermischen sich mit den 564 des Halbmarathon. Die Hofmark Schützen stehen schon wieder bereit und mit kräftigen Donnerschlägen aus 12 Büchsen werden wir um 10 Uhr auf unsere Runden geschickt.
Etwa zwei Minuten dauert es bis alle die Zeitmessmatte am Startbogen überquert haben, aber alles kein Problem, natürlich gibt es auch hier eine Netto-Zeitmessung. Die 11 km lange Runde führt uns am Ende der Startgeraden am Kreisverkehr nach rechts durch ein Waldstück und anschließend durch den Ort Würding, wo ein erster kurzer Anstieg über eine Überführung auf uns wartet.
Am Ortsrand entlang wartet bald eine weitere Straßenüberführung auf uns über die Obere Inntal Straße, die ist schon etwas länger, die dreihundert Meter auf und ab aber natürlich kein Problem, so steil geht’s da nicht rauf. Das war‘s dann im Prinzip auch schon mit den Höhenmetern, das gleiche gilt es dann für die Marathonis nur nochmal in der dritten Runde zu meistern. Wesentlich unangenehmer ist jetzt der kühle und etwas böige Wind, der uns ohne jeglichen Schutz entgegenbläst.
In weiten Abstand zum Ortsrand ziehen wir in einem langgezogenen Bogen um Bad Füssing, die vier Kilometer fühlen sich aber eher wie eine lange Gerade an. Außer einigen Straßeneinmündungen ist hier wenig Abwechslung geboten. Nach 4,5 km wartet die erste Versorgungsstation auf uns. Man ist auch auf kühleres Wetter eingestellt, so ist der warme Tee für mich die bevorzugte Wahl. Aber natürlich gibt es auch Wasser, Iso und Cola in kalter Form. |