Hoch über dem Alatsee kommen wir raus, mit einem wunderbaren Überblick auf die Seen und ins Alpenvorland. Der Alatsee liegt auf 868 Metern Höhe in einer schluchtartigen Senke nur etwa 80 Meter nördlich des Falkensteinkamms mit der Grenze zu Österreich sowie gut 500 Meter Luftlinie südlich des tiefer gelegenen Weißensees. Liegt alles auch auf unserem Streckenplan. Wir steigen erstmal runter zum Alatsee.
Gerüchten zufolge wurden gegen Ende des Zweiten Weltkrieges Goldschätze der Deutschen Reichsbank, die zuvor auf Schloss Neuschwanstein gelagert worden waren, auf dem Grunde des Alatsees versenkt. Insbesondere in den 50er und 60er Jahren wurden dadurch zahlreiche Schatzsucher und -taucher angelockt, die vieles illegal bargen, vorwiegend versenkte Waffen. Ein Schatz oder andere Reichtümer wurden jedoch nie gefunden. Seit 1983 ist er zum Tauchen gesperrt.
Zum etwa hundert Höhenmeter tiefer gelegenen Weißensee geht’s für uns erstmal einen Kilometer auf Asphalt runter, direkt auf der Saloberstraße. Beinahe verpasse ich wieder den Abzweig in den Wald, man darf eigentlich sein GPS kaum mal aus den Augen verlieren, sonst handelt man sich schnell Zusatzmeter ein. Das ist schon eine ganze neue Erfahrung.
Ziemlich genau 6 km ist die Umrundung des Weißensee lang. Los geht’s auf einem schmalen Trail, direkt auf Wasserhöhe an der Südseite. Ein echtes Highlight ist das Felsentor, das sicher eines der beliebtesten Fotomotive am See ist. Bestimmt 15 Grad hat es in der Sonne, wir liegen ganz passabel in unserem Zeitplan, so können wir auf einer Bank am See eine Rast einlegen, wir müssen unbedingt mal ausgiebig nachtanken und Energie zuführen. Auf der Westseite kann man schön laufen, der Spazierweg führt nie weit vom Ufer weg.
Unsere Route führt wieder zurück zum Alatsee, aber nicht auf dem direkten Weg über die Saloberstraße, sondern praktisch in drei langgezogenen Serpentinen über den Falkensteinkamm mit der Grenze zu Österreich. Auf dem 8 km langen Abschnitt ist auch der längste Anstieg mit fast 400 Höhenmeter zu bewältigen. Immer am Hang aufwärts führt uns die erste lange Serpentine bis fast an den Parkplatz zum Alatsee. Hier machen wir eine 180-Grad-Wende und entfernen uns wieder vom See, anfangs noch auf nicht allzu steilen Wirtschaftswegen. Zum Ende wird’s aber immer rustikaler und steiler.
Der komplette Falkensteinkamm erreicht nicht einmal 1300 Meter Höhe, unser höchster Punkt liegt bei 1150 m. Dieses reizvolle Wandergebiet war auch dem Kini bekannt, der auf dem Falkenstein ein weiteres Märchenschloss errichten wollte. Dabei waren die anderen Schlösser noch nicht mal fertiggestellt. Aus den königlichen Plänen wurde nichts mehr und so stehen dort noch bis heute die Mauerreste der Burgruine Falkenstein. Wir wären nicht mehr weit davon entfernt. Aber ein erneuter U-Turn führt wieder Richtung Alatsee.
Der Weg zurück, auf fast nicht mehr sichtbaren Trails ist mühsam und ich bin etwas entnervt, irgendwie zeigt meine GPS nicht mehr richtig an. Mehrmals starte ich meinen Track neu, aber das Gerät funktioniert nicht mehr richtig. Es ist schon ein Kreuz mit der Technik, aber abenteuerlich. Greppi hat auch etwas Probleme in diesem schwierigen Terrain, meint aber, wir sind auf Kurs. Ich bin eigentlich orientierungslos, aber unter uns können wir immer wieder den Weißensee ausmachen. Dann wird’s scho passen. Im Wald ist es ab 14 Uhr schon relativ dunkel und es hat spürbar abgekühlt. Wir folgen jetzt zusätzlich auch Schildern und Wanderern, die auch zum Alatsee wollen. Vom Aussichtspunkt Vier-Seen-Blick bekommen wir eine tolle Aussicht auf den Forggen-, Hopfen-, Weißen- und Bannwaldsee geboten.
Nach langen zwei Stunden erreichen wir tatsächlich noch den Alatsee. Bei einer Pause nehme ich mir mal intensiv mein GPS vor und muss feststellen, dass kein GPS-Signal mehr angezeigt wird, daher funktionierte es nimmer. Irgendwie hat sich das Gerät aufgehängt, ein Neustart schaftt alle Probleme aus der Welt. Juhu, ich weiß wieder wo ich bin.
Ein kurzer Stich über die Ländenscharte führt uns über die Grenze wieder nach Tirol. Der Ländeweg führt uns am Lech entlang zum Lechfall. Wir verpassen wieder mal einen Abzweig der Originalstrecke, die wieder in den Wald geführt hätte, aber letztendlich genauso am Lechfall geendet hätte. Mittlerweile ist es schon sehr dämmerig, außerhalb der Bäume können wir uns noch gut ohne Lampe bewegen, daher verwerfen wir eine spätere Möglichkeit doch noch zum Originalkurs aufzusteigen.
Gerade noch rechtzeitig, um bei letztem Tageslicht noch ein paar Fotos zu schießen, kommen wir am Lechfall an. Bis zu zwölf Meter stürzen hier die Wassermassen des Lechs über fünf Stufen in die Tiefe. Vom König-Max-Steg aus haben wir einen einmaligen Blick auf das Spektakel. Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Lechfall zur Stromgewinnung künstlich angelegt.
Über den Kalvarienberg geht es weiter zum Schwansee, der Anstieg ist nicht mehr dramatisch. Mittlerweile ist es Kuhnacht geworden, einzig Neuschwanstein und Hohenschwangau strahlen durch die Dunkelheit. Aber, wir haben ja unsere Lampen dabei, so kommen wir problemlos durch. Nach einer Streckenhochrechnung am Schwansee haben Greppi und ich mit unseren Verläufern mit 46 km, bereits etwa 4 km mehr auf unseren Uhren. Um in eine Wertung beim KiniTrail zu gelangen, müssen wir lediglich 52 km vorweisen, die Einhaltung der genauen Streckenführung des Originalkurses ist für den heurigen Wettbewerb keine Voraussetzung. Wegen der Corona-Problematik gibt es für Angemeldete sogar die Möglichkeit, den Lauf virtuell, auf einer ganz anderen Strecke durchzuführen.
So improvisieren wir wegen der Dunkelheit etwas und verlassen am Schwansee den vorgegebenen Kurs. Auf direkten Weg über Hohenschwangau geht’s zurück ins Ziel. Natürlich nicht, ohne wenigstens ein paar Versuche unternommen zu haben, ein paar Bilder von den prächtig beleuchteten Königsschlössern zu schießen. Unsere Outdoorkameras sind für solche Bilder aber nicht besonders geeignet, daher ist das Ergebnis auch nur mäßig. Die finalen 3 km legen wir noch am Seitenstreifen der Colomanstraße zurück, uns reicht’s jetzt in der Nacht von den Trails, dazu ist es wieder lausig kalt geworden. Greppi’s Uhr ist erfahrungsgemäß ziemlich genau, unser Timing hat gepasst, er hat gut 52 km aufgezeichnet.
Ein tolles Abenteuer auf königlichen Trails liegt hinter uns. Deutlich länger als gedacht. Hat aber dafür auch viel länger saumäßig viel Spaß gemacht. Mein 150. Marathon/Ultra ist im Kasten, einfach war’s aber nicht. Ich hab die Strecke und das navigieren mit GPS unterschätzt, das gebe ich gerne zu. Meine Stöcke liegen im Kofferraum, die wären wertvoll gewesen. Aber wo sollen sie hin, wenn man in einer Hand die Kamera, in der anderen das GPS hält?
Ich denke mir mal, es müsste ein großer Vorteil sein, dass wir die Strecke jetzt schon mal gelaufen sind. Für alle die heuer angemeldet waren, steht für die Ausgabe 2021 ein Anmeldebonus von 25 Euro in Aussicht, den sollte man doch einlösen. Von Veranstalter Chris Münzing bekommen alle Finisher noch ein Paket, bin mal gespannt mit was wir überrascht werden. |