Mein Plan für heuer sah vor, mindestens drei Rennen der Mountainman-Serie abzuschließen. Der Start beim Wintertrail in Reit im Winkl verlief schon mal großartig und darauf folgte… nix mehr. Die Corona-Pandemie ließ ein Rennen nach dem anderen verschieben, die meisten gleich um ein ganzes Jahr.
Eigentlich steht für heute der Start des Mountainman Nesselwang XL auf meinem Plan. 42 Kilometer und 2450 Höhenmeter über die Allgäuer Berge wären seine Vorgaben. Leider verschoben auf 17. Oktober …vorerst! Kreative Ideen sind in der Zeit gefragt, dachten sich wohl auch die Mountainman-Veranstalter und präsentierten vor zwei Wochen mit einer „Home Run-Serie“ eine virtuelle Veranstaltung. Die Läufe sollen direkt von der eigenen Haustür starten, eine der vier angebotenen Streckenlängen aufweisen und wie geplant an denselben Terminen wie ursprünglich vorgesehen gelaufen werden.
Das ist natürlich nicht zu vergleichen mit einem “echten“ Wettkampf, aber ich finde die Idee gut und eine tolle Alternative, dazu mit Startnummer, Medaille und Urkunde. Angeboten wird dies für alle 4 Wettkampfstrecken an allen drei Orten (Nesselwang, Großarl und Reit im Winkl). Die gelaufene Strecke muss per Screenshot beim Veranstalter nachgewiesen werden. Die Zeiten werden nicht in einer Ergebnisliste gewertet. Es geht nur um das Erreichen der Kilometer.
Das Interesse war überwältigend. Alle 900 Starttickets (300 je Termin) waren binnen 18 Stunden ausgebucht. Ich war nach Bekanntgabe sofort begeistert von der Idee und habe mich auch ganz schnell angemeldet. Viele weitere wollten teilnehmen, kamen aber nicht zum Zuge, so wurde nochmals um 150 Startplätze aufgestockt, mehr Medaillen hat der Veranstalter nimmer. Unbegrenzt steht als Alternative aber immer noch der „Home Run Digital“ zur Verfügung, hier gibt es die Medaille aber nur mehr zum Ausdrucken.
Zwei Wochen hatte ich Zeit eine Strecke zu planen. Ich habe auch beim Home Run die XL-Strecke mit 42 km gewählt, die 2450 Höhenmeter entfallen aber beim Home Run. In unseren Breiten wäre das auch nicht machbar da ich unbedingt von meiner Haustüre aus starten will. Ich hab mir so meine Gedanken gemacht. A bisserl Mountainman Spirit muss sein und so wählte ich letztendlich als Ziel, den höchsten Berg von Augsburg. Von mir dahoam ist der etwa 18 km entfernt. Nach studieren einiger GPS-Tracks und ablaufen einer Teilstrecke hatte ich meine Route im Kopf, mit einer Zusatzschleife durch den Landkreis sollte ich es schaffen, etwa zur Halbzeit am Gipfelkreuz zu stehen.
Über 1500 Teilnehmer haben sich bereits bei den drei Home Runs angemeldet, sie kommen aus ganz Deutschland, Österreich, Schweiz, Italien, Griechenland und sogar aus Schweden. Zumindest virtuell gibt es keine Corona-bedingten Grenzzäune.
Um 10 Uhr starte ich meinen persönlichen Home Run. Schwülwarm ist es bereits um diese Uhrzeit. Neben meiner Regenjacke habe ich noch 1 ½ Liter Flüssigkeit im Rucksack, zur Not gibt es auch noch den Kiosk am Kuhsee. Charly kommt mir von zu Hause entgegen, wie verabredet treffen wir uns nach 5 km im Landkreis, kurz vor St. Afra im Felde. Er begleitet mich etwa 10 km auf seiner Trainingsrunde.
Kuhsee und Hochablass erreichen wir nach 10 km. Hier wird Wasser vom Lech abgezweigt und in die Augsburger Altstadt geleitet. 1346 wurde hier das erste Stauwehr gebaut. Um das Recht, Wasser vom Lech zur Nutzung in der Stadt abzuleiten, gab es jahrhundertelang immer wieder Auseinandersetzungen zwischen der Reichsstadt Augsburg und den Wittelsbachern, deren Gebiet, das herzogliche Bayern, an das Ostufer des Lechs angrenzte.
Den kompletten Abschnitt am Lech entlang, durch das gesamte Stadtgebiet, könnte ich jetzt auf dem gut ausgebauten Fuß- und Radweg entlanglaufen. Ich bevorzuge aber den Trail, der etwas unterhalb des Spazierwegs an der hohen Uferböschung liegt. Fast komplett durch die ganze Stadt verläuft dieser urwüchsige Trail, man könnte auch irgendwo in der Wildnis sein. Nur ganz selten, wenn man ihn für eine kurze Lechbrücken-Unterquerung verlassen muss, bekommt man auch Häuser oder Straßen zu sehen. Nach 14 km verabschiedet sich Charly an der Lechhauser Lechbrücke von mir.
Vor der zweiten Lechhauser Lechbrücke hat man mit dem „Flößerpark“ ein kleines Freizeitparadies errichtet. Für Kinder und Sonnenanbeter gibt es eine Sandfläche mit Liegeplätzen, Wasserspiel-Elemente, einen Streetball-Platz und eine ganz neue, durch Graffiti-Künstler gestaltete Kletterwand. Die ist wirklich sehr cool, kann noch nicht so alt sein, ich bin ganz begeistert und mache ein paar Fotos. Eine besondere Attraktion des Parks soll die Ausflugsgaststätte "Floßlände" werden. Mit Bezug auf die historische Anlegestelle für Flöße und die Flößerei, die in Lechhausen eine große Rolle spielte, soll sie aus Holz gebaut werden, und die Terrasse aus massiven Holzbalken wie ein Floß über die Böschung hinausragen. Ich bin mal gespannt und werde irgendwann mal wieder vorbeischauen.
Insgesamt vier städtische Lechbrücken muss ich unterqueren bis ich an der A8 bin und die knallrote Autobahn-Lechbrücke nach 20 km passieren kann. Spektakulär wurde sie nach einem Neubau per Hilfspfeiler über den Fluss und an die richtige Stelle geschoben. Mitte Dezember 2007 wurde sie komplett fertig und für den Verkehr freigegeben. Bei einem Wasserstand des Lechs von 6 Meter erreicht das Wasser die Unterkante der Konstruktion. Eine erste Brücke an dieser Stelle wurde bereits 1935/36 im Zuge des Autobahnbaus errichtet.
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