10-10-10
The date to motivate!
Nach London, Boston und Berlin stand letztes Wochenende der vierte
Marathon der Majors Serie für mich auf dem Programm. Chicago,
The Windy City, musste es 2010 sein, denn ein so Datum gibt es nur
selten an einem Marathon Sonntag, 10.10.10.
Der Flug ging am Donnerstag von München über Frankfurt
nach Chicago. Nach unserer Landung um 20:30 Uhr Ortszeit (Chicago
ist 7 Stunden hinter unserer deutschen Zeit), fuhren wir mit der
Chicago Transit Authority (CTA) zum Hotel, direkt in der City von
Chicago. Das Holiday Inn Hotel ist auf Grund seiner Lage und der
guten Erreichbarkeit der Metro absolut für Läufer zu empfehlen.
Das Hotel selber ist im Gebäude der Chicago Sunday Times untergebracht
und beginnt ab dem 15. Stock. Unser Zimmer lag im 22. Stockwerk
mit einem traumhaften Blick auf die Skyline von Chicago.
Am Samstag ging es dann sofort zur Messe, die etwas außerhalb
gelegen mit mehreren kostenlosen Shuttle Bussen zu erreichen ist.
Es gibt über Chicago verteilt 5 Bus Haltestellen, von denen
man direkt zur Expo gebracht wird: Downtown Hilton Hotel, Roosevelt
Station, Nike Town Michigan Ave, Fairmont Columbis Drive und Sheraton
Hotel. Als Shuttle werden die bekannten gelben Schulbusse verwendet
und dadurch ist es auch für ortsunkundige Besucher ein Leichtes
die Busse zu finden.
An der Messe angekommen, suchten wir zuerst die Startnummernausgabe
(bitte den Ausweis nicht vergessen). Hier auch schon ein kleines
Manko zur Organisation. Es gibt zwar für alles und jedes ein
Schild, aber zur Übersichtlichkeit trägt das leider nicht
bei. Aber routinierte Marathonis haben für solch einen Fall
einen einfachen Trick: Einfach der Masse hinterher laufen. Die Messe
selbst ist recht weitläufig und es gibt sehr selten Staus (wie
zum Beispiel in Berlin), allerdings war ich vom Angebot recht enttäuscht,
da hat London und Boston weit mehr zu bieten.
Die Startertüte enthält ein Event Shirt und sonst jede
Menge Papier. Zur Zeitmessung wird KEIN ChampionChip verwendet sondern
ein spezieller D-Tag Transponder, den man in einem runden Kreis
um das Schuhband wickeln muss. Wichtig, es muss eine runde Schleife
gebildet werden, sonst kann keine Induktion erzeugt werden und es
gibt keine Zeitnahme …also passt auf, dass Euch keiner vor
dem Lauf auf den Schuh tritt! Round is good – flat is bad!
Nach der Messe ging es mit dem Shuttle wieder in die Stadt und wir
verbrachten die restliche Zeit nur mit Shoppen und in der Sonne
liegen. Das Wetter war traumhaft sonnig und die Temperaturen sollten
bis zum Wettkampftag auf fast 30 Grad steigen. Da Chicago in den
letzten Jahren sämtliche Wetterkapriolen (letztes Jahr hatte
es 1 Grad, vor 3 Jahren wurde der Lauf am Ende wegen zu großer
Hitze abgebrochen) erlebt hatte, wurde für den Marathon ein
System eingeführt, das den Risiko Level des Marathons signalisiert.
Es gibt 4 verschiedene Stati. Bei grün ist alles ok, bei gelb
sind die Bedingungen nicht mehr ideal, bei rot besteht womöglich
eine Gefahr für die Gesundheit der Läufer und bei schwarz
wird das Rennen abgebrochen.
Zuerst noch einige Impressionen der Stadt. Chicago ist eine typische
Amerikanische Großstadt. Im Stadtkern sind Wolkenkratzer an
Wolkenkratzer gebaut. Es ist eine ganz neue Erfahrung für mich
gewesen, wie sich durch die Abstrahlung der Sonne an den Glasfronten
dieser Hochhäuser, eine Stadt aufheizen kann. Die Innenstadt
von Chicago bietet eine Ansammlung moderner Architektur. Chicago
gilt auch als Geburtsort der Wolkenkratzer, da hier mit dem zehnstöckigen
Home Insurance Building 1885 das erste Haus mit Stahlskelett errichtet
wurde.
Am 233 South Wacker Drive befindet sich das höchste Gebäude
Chicagos, der 442 Meter hohe Willis Tower (vormals Sears Tower),
der 1974 fertiggestellt wurde. Mit dieser Höhe ist er auch
der höchste Wolkenkratzer in den Vereinigten Staaten (bis im
Jahr 2013 das One World Trade Center in New York City mit 541 Meter
fertiggestellt wird). Mit Antennen misst das Bauwerk sogar 527 Meter
und ist damit die vierthöchste freistehende Konstruktion der
Erde.
2007 begann der Bau des 610 Meter hohen Chicago Spire am Ufer des
Michigansees. Ende 2008 wurden die Bauarbeiten an dem Turm eingestellt,
eine Wiederaufnahme sowie eine Vollendung sind nicht abzusehen.
Das kompakte Zentrum wird als „The Loop“ bezeichnet,
denn es wird umrundet von der „El“ genannten Hochbahn
der städtischen Verkehrsgesellschaft CTA.
Samstagabend ging es dann noch zur obligatorischen Pasta Party.
Tickets dafür können online bzw. vor Ort gebucht werden.
Auf Grund des schönen Ambientes im Ballsaal des Chicago Hilton
und der Tatsache, dass man so viel an Nudeln und Nachtisch essen
kann wie man möchte, ist es der Preis von 35,- USD angemessen.
Am Sonntagmorgen hieß es dann sehr früh aufstehen. Die
Startzeit von 7.30 a.m., die uns zu Beginn der Reise noch als unmenschlich
früh erschien, wurde nun zur Rettung für uns und den Rest
des Läuferfeldes. Als wir gegen 6:30 Uhr im Startbereich eintrafen,
war der Event Alarm auf grün. Das Warten in der Startaufstellung
wird durch den Sonnenaufgang über dem Lake Michigan und dem
Blick auf die Skyline von Chicago zu einem sehr kurzweiligen Erlebnis.
Wir waren im vordersten Startblock eingeteilt und konnten uns sogar
sehr gut einlaufen. Da Georg und ich bereits 2009 in Boston als
Hooters Girls verkleidet gelaufen waren und wir damit für jede
Menge Spaß und Stimmung auf der Strecke gesorgt hatten, beschlossen
wir auch hier nicht auf Zeit zu laufen, sondern die Stimmung zu
genießen.
Nach der üblichen live Interpretation der The Star-Spangled
Banner, der amerikanischen Hymne, fiel pünktlich um 7:30 Uhr
der Startschuss. Die Strecke geht zunächst direkt in den Stadtkern.
Leider rutschte mir schon auf den ersten Kilometern ständig
die Perücke vom Kopf und ich beschloss diese bei KM 3 zu entsorgen.
Bei KM 5 machte ich einen kurzen Stopp und entledigte mich noch
meiner wolligen Wadenstulpen. Eine gute Entscheidung denn bereits
gegen 8:30 Uhr hatten wir ca. 20 Grad.
Die Strecke selbst ist sehr flach und wird fast immer von euphorisch
jubelnden Zuschauern gesäumt. Vielleicht bin etwas verwöhnt,
aber die Stimmung in Chicago würde ich mit 8 von 10 Punkten
bewerten. Boston war auf jeden Fall noch beeindruckender. Absolut
spitze ist Chicago allerdings in Punkto Verpflegung. Geschätzt
alle 3 Kilometer gibt es Versorgungspunkte, an denen Wasser und
Iso gereicht wird. Und ich schreibe bewusst gereicht. Auf einer
Strecke von 200 Metern stehen rechts und links hunderte Helfer,
die jedem Läufer die Becher direkt in die Hand geben. Ich schätze
die Zahl der Helfer auf der Strecke und im Ziel auf 15.000 Menschen.
Es war für mich unglaublich, an jeder Ecke standen Freiwillige,
die uns Läufer perfekt versorgten. Ich passierte den HM in
1:31 Std. und war ganz guter Dinge evtl. sogar noch unter 3 Std.
zu beenden.
Leider gelang mir das nicht ganz. Ich lief zwar einen negativen
Splitt (HM 2 in 1:30 Std.), aber meine Endzeit lag im Ziel bei 3:01
Stunden. Ich war trotzdem sehr zufrieden. Als ich gegen 10:30 Uhr
das Ziel erreicht hatte, war der Race Alarm Level bereits auf Gelb
und die Temperatur war bei 25 Grad. Am Ende des Rennens hatten wir
dann Alarmstufe rot und ca. 30 Grad. Gerade für die 4-5 Stunden
Läufer waren die letzten 10 km extrem hart.
Im Ziel bestand noch die Möglichkeit sich sofort das Ergebnis
inkl. aller Zwischenzeiten ausdrucken zu lassen, sowie die Muskeln
im Massagezelt lockern zu lassen. Ich würde jedem empfehlen,
die Massage zu vermeiden. Hier ist wenig know-how, die Helfer sind
alle freiwillig, meinen es sicher auch sehr gut, aber einem Marathoni
nach dem Rennen mit voller Kraft in die Muskeln zu drücken
ist nicht optimal. Bei meinem ersten Schmerzensschrei stand sofort
ein Arzt bei Fuß und wollte wissen, ob er erste Hilfe leisten
solle.
Mein Freund Georg kam in 3:45 Std. ins Ziel und wir waren uns beide
einig. Chicago ist ein top Lauf, schnelle Strecke und wenn es so
heiß ist wie bei unserem Lauf, ist der ständig blasende
Wind sogar ein Geschenk. Am Nachmittag waren wir noch auf der Post-Race-Party
im Zielbereich und machten uns dann auf zum Flughafen, wo wir gegen
21:00 Uhr die Heimreise nach München antraten. Chicago ist
zu Recht ein Lauf der Marathon Major Series und sicher für
jeden eine Reise wert. |