…zumindest
was die 400 Starter beim diesjährigen Untertage-Marathon in Sondershausen
betrifft. Bereits zum 7. Mal wurde der weltweit einmalige Gruben-marathon
ausgetragen. Nach meinen Teilnahmen in den Jahren 2006 & 2007
wusste ich ja, was mich erwartet und ich machte mich zusammen mit
Hans, Sieglinde und Jan auf die gut 5-stündige Autofahrt nach
Sondershausen.
Alleine eine E-mail,
ca. 4 Wochen, vor dem Start erzeugte eine leichte Nervosität:
„Liebe Teilnehmerinnen, liebe Teilnehmer, für die Durchführung
des Untertage-Marathons gibt es auf Grund von Nichtgeplanten Baumaßnahmen
an der Schachtröhre am Schacht 1 leider Veränderungen
im Ablauf der Veranstaltung. Die Befahrung des Brügman-Schachtes
ist nur über Schacht 5 (geplant war Schacht 1 und Schacht 5)
möglich, was einen erhöhten Transportaufwand zur Folge
hat. Da 520 Personen einfahren ist ein Zeitfenster von 3 Stunden
erforderlich.“
Aha, nur ein Aufzug …mal schnell durchgerechnet: 520 Teilnehmer,
pro Aufzug max. 40 Personen, 10 Minuten für eine komplette
Fahrt nach unten und wieder hoch (inkl. Ein- und Aussteigen). Das
ergibt 13 x 10 Minuten. Sind 130 Minuten. Also viel passieren darf
da nicht. Da wir von den letzten Jahren wussten, dass das Warten
oben in Kälte und Regen wesentlich unangenehmer ist als unten
im warmen Schacht, beschlossen wir bereits um 7:30 Uhr einzuchecken.
Die Startnummernausgabe erfolgte wie immer am Brügmann-Schacht
und die Läufer wurde zusammen mit den Besuchern zum ca. 5 km
entfernten Dr. Esser-Schacht gebracht. Dort angekommen fuhren wir
nach ca. 15 Minuten in den Schacht ein. Zum Thema Aufzug muss ich
jetzt noch was los werden.
Wer jemals diesen Lauf wagen sollte, der muss sich von der klassischen
Definition eines Aufzuges verabschieden. Der Beförderungskäfig,
ja das ist der korrekte Ausdruck dafür, ist ca. 100 Jahre alt
und bietet Platz für ca. 10 Personen. Bei uns waren aber 15
Personen drin. In ca. 1,80 Meter Höhe ist über der Kabine
eine Bodenplatte und darüber werden die nächsten 15 Delinquenten
eingepfercht und darüber dann noch die Gitterbox Nummer 3.
Bereits beim Gang in die Gitterbox wehte uns ein heißer Wind
aus dem Schacht entgegen. Dann noch schnell den Plastik Vorhang
zugezogen und los geht die Fahrt.
Langsam und unter einem verdächtigen Krachen und Rumpeln fuhren
wir in die Tiefe. Im Aufzug war es stockdunkel, aber zum Glück
hatten einige Läufer auf Ihren Helmen Stirnlampen (Übrigens
Helm ist Pflicht und eine Lampe würde ich auch dringend empfehlen).
So richtig wohl fühlte sich in diesem Käfig wohl keiner,
denn die Vorstellung, hier irgendwo auf der Strecke stecken zu bleiben,
bei 25 Grad und ohne Licht ist nicht sehr prickelnd.
Nach ca. 4 Minuten waren wir am Ziel – 700 Meter unter der
Erde. Sofort wurde jedem klar was uns bei diesem Marathon erwarten
würde. Die Luft war extrem trocken (25 % Luftfeuchtigkeit)
und es herrschten extrem heiße 28 Grad. Der Boden war von
sandigem Salz-Staub überzogen und das schwache Licht einiger
Neonröhren hüllte den Stollen in einen dämmerigen
Schein.
Mit Grubenfahrzeugen, die heute für
Führungen genutzt werden, wurden wir durch ein schier endlos
scheinendes Labyrinth von Gängen zum Start gekarrt. Die Fahrt
war ein Erlebnis der besonderen Art. Die Fahrer bretterten mit Vollgas
durch die engen Wege. Gegen 8:15 Uhr kamen wir am Start an und es
erwartete uns bereits die Bergmanns-Kapelle mit einem Begrüßungsständchen.
Wir schlugen unser Quartier an den zahlreich zur Verfügung
stehenden Biertischen auf und warteten auf den Start. Jan, unser
Profi-Schlagzeuger nutzte die Zeit, schnappte sich die Drumsticks
der Bergmann-Kapelle und gab kurzer Hand ein kleines Schlagzeugsolo
zum Besten.
Aufgrund
der Transport-Problematik wurde der Start bereits im Vorfeld von
10 Uhr auf 11 Uhr verschoben und so gegen 11:15 Uhr erfolgte dann
auch endlich der heiß ersehnte Startgong! In einem Bergwerk
wird natürlich nicht geschossen, darum hat der Veranstalter
eine überdimensional Gong aufgestellt, den sicher einige noch
aus der Spielzeugwerbung der 80er Jahren kennen: „MB präsentiert!“
Wie immer startet der Lauf mit einem „sanften“ Start.
Die Läufer laufen ca. 500 Meter in den Stollen hinein. Dort
werden sie noch einmal gestoppt und dann erfolgt der „scharfe“
Start und die Zeitmessung beginnt. Irgendwie hat das etwas von Formel
1 Feeling, dort gibt es ja auch fliegende Starts. 400 Teilnehmer
machten sich wieder auf die 4 Runden á 10,5 km. Dabei kann
jeder Teilnehmer spontan entscheiden ob er eine Halbmarathon oder
einen Marathon in Angriff nimmt. Wer allerdings nicht nach 2:45
Std. die Halbmarathon Marke erreicht, für den ist der Lauf
beendet. Pro Runde sind 310 Höhenmeter zu bewältigen,
zusätzlich macht den Läufern ein Temperatur-unterschied
von ca. 5 Grad pro halbe Runde zu schaffen. Die Runde verläuft
wie eine Acht.
Kurz nach dem Start bei ca. 600 Metern, beginnt
der erste lange Anstieg. Nach etwa 2 Kilometern geht es dann erstmal
ziemlich lange bergab und man erreicht bei km 2,5 die erste Verpflegungsstelle.
Die sehr geringe Luftfeuchtigkeit von ca. 25% im Kali-Bergwerk und
die Temperaturen zwischen 22 und 27 Grad fordern von den Läufern
wirklich alles ab und es ist unerlässlich alle 2,5 km zu trinken.
Es gibt Wasser, Tee und Vita Cola. Bis Km 5, dem tiefsten und wärmsten
Punkt der Strecke geht es überwiegend bergab.
Dort wartet die nächste Wasserstelle und es geht in den zweiten
langen Anstieg. Hier ist es besonders wichtig sehr diszipliniert
zu laufen und lieber bereits am Anfang zu gehen, als zu viele Körner
liegen zu lassen. Mir hat ein alter Hase mal gesagt: „Wer
in den ersten beiden Runden die Berge hoch rennt, der wird sie die
letzten beiden Runden gehen. “Das kann ich nur unterschreiben.
Bei km 6,5 ist der zweite lange
Anstieg Geschichte und es kommen nur noch einige kleine, allerdings
auch knackige Wellen. Bei km 7,5 ist dann wieder Zeit zum Verpflegen.
Diese Versorgungsstelle ist identisch mit der von km 2,5, quasi
der Schnittpunkt der Runde in Form eines Achters. Ab jetzt geht
es fast nur noch leicht bergab in Richtung Ziel. Es wird wieder
kühler und es gibt hier die Gelegenheit sich zu erholen und
Kräfte für die nächste Runde zu sammeln. Im Zielbereich
herrscht wirklich tolle Stimmung. Arthur Schmidt, Profi-Zielsprecher
und in der Marathon Szene als DER Stimmungsmacher bekannt, heizt
den Läufern und Zuschauern mächtig ein. Noch eine kleine
Verpflegung und es geht wieder in die Einsamkeit der Grube.
Die nächsten Runden sind, welch Wunder, natürlich gleich,
allerdings ist es schon interessant, wie gerade auf der letzten
Runde plötzlich Anstiege auftauchen, die einem am Anfang, als
noch Kraft in den Beinen war, gar nicht bewusst waren. Am Ende konnte
ich meine Bestzeit von 2007 noch um 10 Minuten verbessern und kam
in 3:47 Std. auf dem 16. Gesamtplatz ins Ziel. Meine Empfehlung
für Alle, die hier zum ersten Mal laufen ist, die beiden langen
Anstiege bei km 1 und km 5,5 auf jeden Fall zu gehen. Auch ich habe
mich dazu am Anfang zwingen müssen und es hat ja trotzdem zu
einer sehr guten Zeit gereicht. Hans, 4:15 Std. und Jan 4:41 Std.
erreichten ebenfalls mit einem Lächeln und sehr guten Zeiten
das Ziel.
Mein Fazit: Der Untertage-Marathon in Sondershausen ist wirklich
top organisiert. Bereits im Ziel gibt es Urkunden und einen Ausdruck
mit allen Zwischenzeiten und der Platzierung. Zu humanen Preisen
kann man sich im „tiefsten Biergarten der Welt“ mit
Speisen und Getränken versorgen. Einziges Manko (das wird aber
zum Glück im nächsten Jahr wieder behoben sein, wenn der
Aufzug am Brügmann-Schacht wieder läuft), das relativ
lange Warten auf die Ausfahrt am warmen Dr. Esser-Schacht, brachte
einige Teilnehmer an die körperlichen Grenzen. Auch ich stand
kurz vor einem Kreislaufzusammenbruch, aber hilfsbereite Läufer
und Kumpels halfen mir schnell wieder auf die Beine. Ich werde sicher
auch 2009 wieder dabei sein: „Glück auf!“ |
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