30.4.2022 MARATHON am LECH – Wild Cross
Autor: Andreas Greppmeir
 
 
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Heute findet bereits die vierte Auflage des Marathons am Lech statt. Entstanden ist er aus der Not. Die Pandemie führte dazu, dass nach und nach alle offiziellen Marathons abgesagt werden mussten. Bernie sah darin die Möglichkeit endlich seinen Traum mit einem Marathon am Lech zu verwirklichen. Vor gut zwei Jahren liefen wir ihn noch jeweils allein, also free/solo. Immer den geltenden Corona-Regeln angepasst folgten der Trail to Peak und zuletzt der Lakefront Trail. Heute steht der Wild Cross an. Bernie hat wieder an der Strecke getüftelt und ein paar Neuerungen eingebaut. Im Mittelpunkt steht natürlich wieder der Lech.

Der Lech war für die Städte und Dörfer, durch die er fließt, schon immer von großer Bedeutung. Entstanden ist der Wildfluss durch den Lechgletscher, der die Region zwischen dem heutigen Lech und der Iller bedeckte. Der Lech entspringt unweit des Formarinsees im österreichischen Voralberg und führt dann durch eine der letzten Wildflusslandschaften in Europa. Das Lechtal führt über den Lechfall in Füssen bis nach Augsburg und mündet dann bei Rain in die Donau.

Faszinierend ist der Lech im Bereich Füssen vor allem durch seine hellblau-türkise Farbe. Die verdankt er vor allem zwei Faktoren: Das Wasser ist äußerst mineralienhaltig. Die Mineralien löst er aus seinen Steinen. Zudem ist das Wasser ziemlich kalt. Im Jahresmittel sind es gerade mal lausige sechs Grad Celsius. Der Lech hat damals wie heute eine hohe wirtschaftliche Bedeutung. Schon im Mittelalter wurden Holz und andere Handelswaren von Füssen aus durch Flößer flussabwärts zur Donau transportiert. Heute dient er überwiegend der Energiegewinnung.

Doch nicht nur der Lech ist fester Bestandteil des Marathons am Lech. Auch die Stauseen, der Weitmann-, Auen- und Kuhsee sind bei der Streckenführung nicht wegzudenken. Heute wollen wir am Weitmannsee starten. Für maximal zwanzig Läufer ist der Marathon ausgeschrieben. Groß Werbung muss Bernie nicht machen, Interessenten gibt es genug. Viele sind Wiederholungstäter. Nach ein paar Absagen und kurzfristigen Zusagen stehen am Morgen dreizehn gut gelaunte Teilnehmer am Start. Silke ist heute auch dabei. Sie übernimmt den Job als Fotografin für ein Gruppenbild vor dem Start und wird die ersten paar hundert Meter mit uns mitlaufen, um dann in Richtung Mering abzubiegen.

Wir sind pünktlich und starten ohne großes Aufsehen unseren Marathon. Der Lech muss aber noch etwas auf uns warten. Erst mal laufen wir hinterhalb des Parkplatzes in Richtung Norden, dann auf dem Gehweg in Richtung Kissing, um schon bald nach rechts in die sogenannte Kissinger Heide abzubiegen und das aus einem guten Grund. Wer die, von Bernie wieder einmal liebevoll gestalteten „Kiesel-Medaillen“ genauer betrachtet, wird einen Hinweis darauf finden, weshalb diese kleine Schleife heute äußerst lohnenswert ist.

Bei der Kissinger Heide handelt es sich um eine unter Naturschutz stehende Halbtrockenrasenfläche, die zahlreichen seltenen Pflanzen und Tieren Raum zum Leben bietet. Doch das war nicht immer so. Etwa bis Mitte des 19. Jahrhunderts war die Kissinger Heide noch eine Waldweide. Bis etwa 1920 wurde auf offenen Grasflächen überständiges Heu bei der sogenannten Streumahd abgemäht, um daraus Tiereinstreu zu gewinnen. Zu dieser Zeit wurden auch ein paar Grasflächen aufgeforstet. Obwohl das Gebiet im Juli 1941 unter Naturschutz gestellt wurde, gab man im nördlichen Bereich eine Fläche von etwa einem Hektar zum Kiesabbau frei. Dass dabei einige Orchideenpopulationen vernichtet wurden, interessierte damals keinen.

Auch wenn der Schutzstatus der Kissinger Heide im Oktober 1964 nochmals überarbeitet wurde, erfolgten dennoch weitere Eingriffe durch die Landwirtschaft und auch Kies wurde weiterhin abgebaut. Bis 1980 musste man warten, bis diesem Landschaftsfrevel Einhalt geboten wurde. Zunächst waren es ehrenamtliche Naturschützer aus Kissing, die die notwendige Mahd übernahmen, um eine Verbuschung der Heide zu verhindern und den Enzianen und Orchideen, die sehr lichtbedürftig sind, genug Lebensraum zu verschaffen. Heute wird das Gebiet vom Landschaftspflegeverband Aichach-Friedberg gepflegt. Die Orchideen, Enziane, Huflattiche, Krokusse und die Silberdistel sind zurück und können heute zahlreich bewundert werden. Auch einige seltene Schmetterlings- und Falterarten können, neben Nattern und gefährdeten Käfer- und Spinnenarten in der Kissiger Heide angetroffen werden.

Die Enziane stehen gerade in voller Blüte und das wollen wir uns nicht entgehen lassen und somit drehen wir schon am Beginn diese kleine Extrarunde. Schließlich stehen sie vor uns. Unzählige Krokusse, die zu den Schwertliliengewächsen zählen, leuchten in schönem Lila und die Kameras werden gezückt. Einen kleinen Wehrmutstropfen gibt es allerdings. Es ist noch recht frisch und der Himmel ist bedeckt. Die empfindlichen Enzieane halten quasi zum Selbstschutz ihre Blüten geschlossen und zeigen sich uns nicht in ihrer vollen Pracht. Doch unserer guten Laune kann das nichts anhaben. Wir traben weiter und machen uns in Richtung Lech auf. Es bilden sich nun kleinere Grüppchen und erwartungsgemäß ziehen Dieter und Simon vorne davon. Sie sind heute unsere beiden Schnellsten, daran gibt es keinen Zweifel. Ich halte mich am Ende des Feldes auf. Der dritte Marathon im April, da will ich nichts übertreiben.

Wir lassen den Weitmannsee hinter uns und auf altbekanntem Terrain geht es in Richtung Auensee, den wir rechts liegen lassen. Das nächste Ziel heißt Kuhsee. Es läuft gut und ich unterhalte mich etwas mit Andreas, Axel und Udo. Das Wetter ist für mich geradezu ideal. Es ist kühl und die Sonne wird heute wohl keine Chance haben, aber auch der angekündigte Regen wird heute ausbleiben. Dass da nicht jeder gleich tickt, bestätigt mir Udo. Er fühlt sich erst ab 25 Grad so richtig wohl. Kurz vor dem Kuhsee erreichen wir noch den „Canyon“. Über ein paar Steine balancieren wir mehr oder weniger geschickt über‘s Wasser. Lediglich Tom holt sich nasse Füße. Schon ein paar Minuten später liegt der Kuhsee vor uns und wir haben ein weiteres Etappenziel erreicht.

 
 
 
   
 

Weiter geht es nun immer möglichst nahe am Lech entlang und oft haben wir wunderbare Trails vor uns liegen. Das Laufen macht hier richtig Spaß. Unbemerkt durchqueren wir einen Augsburger Stadtteil nach dem anderen und finden uns schließlich in der Firnhaberau wieder. Wir sind auf der Höhe der Kleingartenanlage, wo ich beim Trail to Peak gemeinsam mit Jürgen unbedingt den Biergarten aufsuchen musste. Heute ist es aber deutlich kühler als damals und ich entscheide mich ein erstes Gel mit etwas Zitronentee hinunterzuspülen. Ich lasse mich auf einer Parkbank nieder, um mich in aller Ruhe zu verpflegen.

Derweil laufen mir Andreas und Axel zwar davon, ich wollte aber bald wieder aufschließen. Doch als ich weiterlaufe, merke ich, dass sich ohne Vorankündigung mein Rücken zurückmeldet. Ich trabe locker weiter und hoffe, dass sich der Schmerz wieder verabschiedet. So kann ich Andreas und Axel leider nicht mehr einholen. Auf den herrlichen Trails vor der A 8 hoffe ich nach jeder Kurve vor mir ein Laufshirt entdecken zu können, doch ich bin nun einfach zu langsam. Ich erreiche die rote Lechbrücke und laufe unter der A 8 hindurch in Richtung „Monte Scherbelino“. Ich bin froh, als ich das Drehkreuz erreiche, das mich auf die Wanderwege des Gersthofer Müllbergs bringt. Den Anstieg kann ich nun getrost gehend bewältigen und erhoffe mir eine Erholung für meinen Rücken.

Kurz vor dem Gipfelkreuz sehe ich Bernie, die beiden Axels, Andreas und Judith, die noch oben sind, doch bevor ich den Gipfel erreiche sind nur noch ein Axel, sowie Andreas und Judith über. Ein paar Minuten später lasse ich die drei weiterlaufen. Der Wind dort oben ist frisch und ich werde ihnen im weiteren Verlauf eh nicht folgen können. Ich öffne eine Flasche Weihenstephaner, kann sie jedoch nicht richtig genießen, da ich mir zu viele Gedanken über die verbleibenden 18 Kilometer zum Weitmannsee mache.

So mache ich mich auf den Rückweg und gehe auch den Berg wieder hinunter. Bergablaufen macht gerade überhaupt keinen Sinn. Die verbleibenden Kilometer möchte ich daher auch nur ganz kurz zusammenfassen. Langsames Laufen und regelmäßige Gehpausen brachten mich zwar nur langsam voran, doch das Ziel kam dennoch näher. Vor dem „Floßlände“ einer am Lech neu gebauten Wirtschaft mit Biergarten treffe ich auf Axel. Er steigt hier aus, eine Schienbeinentzündung macht für ihn das Weiterlaufen unmöglich. Bernie hat er per Handy über sein Aussteigen informiert. Bevor mir ähnliche Gedanken aufkommen, trabe ich weiter.

Kurz vor dem Kuhsee laufe ich durch die ehemals olympische Kanuanlage, obwohl diese nach dem Umbau für die Weltmeisterschaften 2022 noch gesperrt ist. Das interessiert jedoch niemanden, im Wildwasser ist schon Betrieb und das Treiben lenkt mich etwas von meinen Schmerzen ab. Vom Kuhsee bis zurück zu Weitmannsee weiche ich von der eigentlichen Route ab. Ich kenne mich ja aus und bleibe auf den größeren Wegen, da ich das Ganze nur noch hinter mich bringen will. Für die Länge der Strecke macht das keinen Unterschied und ich werde mit einem Marathon am Weitmannsee ankommen. Ich machte mir eigentlich nach über 6:30 Stunden keine Hoffnung mehr, dass im Ziel noch jemand auf mich wartet. Tatsächlich war ich sehr überrascht, als ich endlich die Stopp-Taste auf meiner Garmin drückte, dass ich Bernie, Andreas und Judith noch auf mein Eintreffen gewartet hatten und so konnte ich auch meinen persönlichen Kiesel von Bernie entgegennehmen, was mich wirklich freute.

Am Ende kann ich Bernie nur gratulieren. Die Strecke, die Organisation und der Kiesel, wie immer perfekt. Ich finde, der Marathon am Lech hat eigentlich das Zeug zu Größerem. Wenn ich denke, was ich schon für Marathons gelaufen bin, die nicht halbwegs eine derartig attraktive Strecke aufweisen können und hundert oder mehr Teilnehmer haben und das seit Jahren. Ja, der Marathon am Lech könnte ein Klassiker im Raum Augsburg werden. Doch eine Genehmigung würde es hierfür wohl nicht geben, da wir oft durch Naturschutzgebiete laufen. Auch die Organisation wäre nicht einfach zu stemmen und nicht zuletzt müsste Bernie wohl ein Jahr lang Medaillen verzieren. Ich finde, es ist gut, so wie es ist. Der Marathon am Lech hat Charme und mit seinen wenigen Teilnehmern gleich noch vielmehr.

Zuletzt muss ich nun leider noch ein paar Worte über meinen Rücken verlieren. Die Schmerzen sind bis heute, eine Woche nach dem Lauf, noch nicht verschwunden und am Dienstag wird mein Orthopäde mir hoffentlich mehr sagen können. Ich habe jetzt erst mal alle Läufe bis einschließlich August für mich gestrichen. Ich hoffe, dass die wohl notwendige Behandlung schnell und erfolgreich verläuft und ich Herbst wieder einsteigen kann.

   
 
 
Charly
Bernie
Greppi
5:06:45
5:33:04
6:36:37
 
 
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