Eisige Temperaturen hatten Deutschland in der vergangenen Woche fest im Griff. Das Training musste für mich eine Woche ausfallen, da mir das Risiko einer Erkältung bei Temperaturen im zweistelligen Minusbereich einfach zu groß war. Vereiste Strecken bargen zudem eine Verletzungsgefahr, der ich mich nicht aussetzen wollte. Aber rechtzeitig zum Neckarufer Marathon ins Stuttgart sollten wieder zweistellige Temperaturen im Plus erreicht werden. Glauben konnte ich es bis zuletzt nicht, aber dem war dann doch so.
Zunächst aber erst einmal ein paar Worte zum Neckarufer Marathon. Er wird bereits zum vierten Mal durch Michael Weber, Ehrenmitglied des 100 Marathon Club Deutschland organisiert. Begonnen hat alles 2015 als reiner Einladungslauf. Etwas über 30 Teilnehmer folgten damals der Einladung. Von Jahr zu Jahr mauserte sich der Neckarufer Marathon zu einer richtigen Laufveranstaltung. Als ich im vergangenen Jahr das erste Mal dabei war, gab es noch ein Teilnehmerlimit von 60 Läufern. Die Startplätze waren innerhalb kürzester vergeben. Es gab auch noch eine Warteliste, auf sich weitere Läufer Hoffnung auf eine Teilnahme machten. Michael hatte schließlich ein Einsehen und ließ alle Interessenten zu. Gut einhundert Läufer standen schließlich am Start. Zahlen von denen andere Organisatoren nur träumen können.
Michael erkannte, dass die Strecke auch diese Läuferschar gut aufnehmen kann und erhöhte das Limit in diesem Jahr auf 120 Teilnehmer. Da Michael halt eine gute Seele ist, standen zum Meldeschluss doch wieder ein paar Namen mehr in der Startliste. 138 Marathonis hatten sich zum 4. Neckarufer Marathon gemeldet. Meine Vorfreude auf Stuttgart war besonders groß, da ich eine Vielzahl der Namen kannte und auch das angekündigte Wetter machte richtige Laune auf einen Marathon.
Rund zwei Stunden Anfahrt sind es für mich nach Stuttgart und da der Start bereits um neun Uhr erfolgen soll, musste ich mich frühzeitig auf den Weg machen. Doch erst einmal hieß es für mich, mein Auto von einer dichten Eisschicht zu befreien und ich bekam dabei doch erste Zweifel, ob es mit den frühlingshaften Temperaturen tatsächlich etwas werden kann. Mein erster Weg führte mich zu Bernie, der ja im Nachbarort wohnt. Im Schneckentempo zuckelte ich durch dichten Nebel und überschlug nochmals meinen Zeitplan. Die Straße war kaum noch zu erkennen und als endlich Bernie neben mir saß, war auch er etwas verwundert über die dichte Nebelsuppe. So hatten wir uns das nicht vorgestellt. Ein paar Minuten später gesellte sich auch noch Charly zu uns und wir nahmen nun endgültig Kurs auf Stuttgart.
Die A 8 war erfreulich frei und der Nebel lichtete sich nach Augsburg etwas, so dass wir gut vorankamen und an einer pünktlichen Ankunft in Stuttgart nun auch keine Zweifel mehr bestanden. Je näher wir an Stuttgart kamen, um besser wurde auch das Wetter, so dass ich rund eine Stunde vor dem Start unter blauem Himmel auf dem Parkplatz am Max-Eyth-See einparken konnte. Erfreulich war für uns auch die Tatsache, dass es keinerlei Schnee zu sehen gab, vom dem haben wir nämlich alle drei die Nase inzwischen gestrichen voll.
Über einen Fußweg vom Parkplatz gelangen wir direkt zum Max-Eyth-See. Der See entstand durch Kiesabbau, der 1914 zunächst am Neckar im Stuttgarter Ortsteil Hofen begann. Im Jahr 1925 bis 1926 wurden dann die mächtigen Kies- und Sandschichten im Gebiet des heutigen Max-Eyth-See abgebaut. 1935/35 wurde das Gebiet schließlich zur Sport- und Badeanlage erweitert. Ein Jahr später wurde der See nach dem Ingenieur und Schriftsteller Max Eyth benannt, der in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte. 1961 wurde das Gelände unter Landschaftsschutz gestellt und dient heute als Naherholungsgebiet.
Heute bietet er uns ein besonders idyllisches Bild. Eine dicke Eisschicht bedeckt den See und er glitzert herrlich in der Morgensonne. Nur ein paar hundert Meter sind es am See entlang bis zum Wassersport-Center, wo die Startnummern ausgegeben werden. Bei unserem Eintreffen ist auch schon gut was los und wir müssen uns tatsächlich in einer kleinen Schlange anstellen, um unsere Startnummern abzuholen. Es geht aber sehr zügig und wir können schon jetzt einige Lauffreunde begrüßen. Neben den üblichen Verdächtigen aus dem baden-württembergischen Raum, sind auch einige weitgereiste mit dabei. Als ich meine Startnummer aus dem Umschlag ziehe, entdecke ich eine Neuerung beim Neckarufer-Marathon. Ein Zeitmess-Chip fällt mir in die Hände. Es gibt also erstmals auch eine Chipzeitmessung. Im vergangenen Jahr zog Michael mit einer Kreide noch den Start- und Zielstrich. In diesem Jahr liegt dort schon eine blaue Matte ausgerollt. Michael ruht sich also nicht auf seinem Erfolg aus, sondern verbessert auch noch kleine Details an der eh schon nahezu perfekten Organisation.
Auf einem Mauersims versuche ich nun meine Startnummer am Startband zu befestigen und den Chip in die Schuhe zu pfriemeln. Doch ich komme nicht recht vorwärts. Nicht weil ich etwa ungeschickt bin oder meine Finger angesichts der noch frischen Temperaturen steif gefroren wären, nein, ich muss permanent frisch angekommene Lauffreunde begrüßen und werde so ständig in meinem Vorhaben unterbrochen. Die Zeit vor dem Start vergeht natürlich wie im Flug und obwohl ich hier und da gerne noch ein paar Worte gewechselt hätte, freue ich mich doch, als es endlich ernst wird. Ich bin eine Woche nicht mehr gelaufen und die Sonnenstrahlen machen um so mehr Lust. So klatsche ich mit dem ein oder anderen einfach nur ab und suche mir einen Platz im hinteren Drittel des Startfeldes. Es dauert auch nicht lange und so geht es mit einem lauten Startschuss pünktlich auf die Strecke. Der 4. Neckarufer-Marathon ist gestartet.
Die Strecke ist schnell erklärt. Wir laufen auf der östlichen Neckarseite in Richtung Norden, überqueren den Neckar bei Kilometer fünf und laufen auf der westlichen Seite wieder zurück. Bei Kilometer neun geht`s wieder auf die östliche Seite und Richtung Start- und Zielbereich. Nun folgen wir dem Neckar in südlicher Richtung, überqueren ihn diesmal bei Kilometer 11, bevor wir ihn kurz vor Kilometer 16 nochmal überqueren und wieder zurück zum Wassersport-Center laufen. Dort ist bei Kilometer 21 die erste von zwei Runden beendet. Bernie und ich wollen heute die beiden Runden gemeinsam unter die Füße nehmen. Begleiten werden uns Kati und Axel.
Auf den ersten Kilometern gilt es sich erst mal warmzulaufen. Es ist noch ziemlich frisch, die Finger sind klamm. Dennoch sind die meisten Läufer aufgrund der vorhergesagten Temperaturen jedoch schon ziemlich luftig gekleidet. Das Laufen funktioniert auf den ersten Metern jedoch schon ohne Probleme, da es keine wilden Überholmanöver gibt. Man merkt die Erfahrung der Teilnehmer, die sich schon beim Start richtig einsortiert haben, so dass der schmale Fußweg die Läuferschar von Beginn an problemlos aufnimmt. Das Feld zieht sich auch ziemlich zügig auseinander, denn hier sind sowohl richtig schnelle Jungs und Mädels am Start, als auch die eher gemütlicheren Läufer. Das Zeitlimit beträgt großzügige 6:30 Stunden.
Ich bin gerade richtig warmgelaufen, als wir schon die Staustufe in Aldingen erreichen. Auf dem gewaltigen Wehr überqueren wir nun zum ersten Mal den Neckar und erreichen gleichzeitig die erste Verpflegungsstelle bei Kilometer 5. Die Helfer notieren nicht nur zur Kontrolle unsere Startnummer, sie bremsen auch den kaum nennenswerten Verkehr ein, da die Brücke nach wie vor für den Straßenverkehr freigegeben ist. Probleme bereitet dies jedoch zu keiner Zeit. Die Verpflegungsstelle gleicht einem Kuchenbuffet, doch für ein zweites Frühstück ist es mir noch zu früh. Ein flüchtiger Blick in die Becher zeigt mir, dass eigentlich nur Wasser angeboten wird. Da ich jedoch nicht gerade ein Wasserliebhaber bin, frage ich nach. Sekunden später halte ich eine Saftschorle in der Hand und bin zufrieden.
Der Rückweg auf der ersten Schleife führt uns an einem riesigen Klärwerk vorbei. Optisch nicht besonders schön, aber doch irgendwie interessant. Mein Blick geht jedoch die meiste Zeit in Richtung Neckar, so dass mich die teils nicht so schöne Bebauung rechterhand nicht sonderlich stört. Kurz nach Kilometer 8 treffe ich auf Sandra, die mir schon von weitem zujubelt. Ihr Mann Uli ist ebenfalls auf der Strecke und als ich näher komme, erkenne ich auch Uli selbst. Er labt sich hier an seiner persönlichen Verpflegungsstelle und gönnt sich eine erste kleine Pause. Ich schlage Sandras Angebot aus, als sie mich ebenfalls zu einem kleinen Snack einlädt. Bald erreichen wir den Vier-Burgen-Steg, überqueren diesen und haben schon gleich die erste Schleife bewältigt.
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