9.4.2011 Kyffhäuser Bergmarathon  
Autor: Bernie Manhard   Bericht mit 200 Fotos auf  
 
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Der alte Barbarossa
der Kaiser Friederich
im unterirdschen Schlosse
hält er verzaubert sich


So beginnt das bekannte Gedicht zur Barbarossa-Sage, die sich seit dem 16. Jahrhundert um das Kyffhäusergebirge rankt. Aber wo liegt er eigentlich, der Kyffhäuser, wie er im Volksmund genannt wird und wo spielt sich die Sage ab?

Frage ich in meinem Bekanntenkreis nach, ob jemand den Kyffhäuser kennt, kommt einheitlich nur ein Nein, Kopfschütteln oder gar die Antwort: „hat das was mit kiffen zu tun?“ Historisch gesehen gibt es zwar die Schreibweise „Kiffhäuser“, aber zurück zuführen ist der Name auf das Wort cuffese (Kuppe/Kopf), hat also nichts mit einer Ansammlung von Gebäuden zu tun in dem einem zweifelhaften Vergnügen nach gegangen wird, sondern es handelt sich um Deutschlands kleinstes Mittelgebirge und es liegt südöstlich des Harzes in Thüringen und ca. 60 km nördlich von Erfurt. Die Nord-Süd-Ausdehnung beträgt ca. 7 km, in Ost-West-Richtung erstreckt es sich über etwa 19 km, also nix überdimensionales, eher so eine Art „Thüringer Ayers Rock“.

Zu meiner Schande muss ich ehrlicherweise gestehen, hätte ich mich nicht schon seit einiger Zeit für den hier stattfindenden Berglauf interessiert, wüsste ich das alles auch nicht. Die Anfahrt aus Bayern geht am Freitag vollkommen entspannt, auf fast leeren Autobahnen vonstatten. Besonders schön für mich, dass zwischendrin etwas Rennsteigluft geschnuppert werden kann. Unser Ziel und zugleich Ausgangspunkt des Kyffhäuser Berglaufs ist das am Südhang des Gebirges liegende Bad Frankenhausen. Marathonfreunden wird der Nachbarsort Sondershausen was sagen, dort findet jedes Jahr im Dezember der schon kultige Unter-Tage-Marathon in 700 m Tiefe statt.

Das Start- und Zielgelände auf dem Schlossplatz befindet sich auf einer Höhe von 130 m ü. NN, der höchste zu erklimmende Punkt der Strecke liegt etwa auf 450 m ü. NN. Also, alles im grünen Bereich, supersteile Berganstiege werden nicht dabei sein, genau richtig für Jan und mich als Einstieg in die Bergsaison, wo uns heuer wieder harte Prüfungen bevorstehen. In einem großen Festzelt ist alles untergebracht, was für so eine Veranstaltung benötigt wird.

Hier gibt es die Startnummern (der Chip ist auf der Rückseite gleich aufgeklebt), einen separaten Nachmeldebereich, die Nudelparty und die Siegerehrung wird hier auch stattfinden. Auf einer kleinen Läufer- und Bikermesse kann man sich noch mit benötigten Utensilien eindecken. Unter anderen am Stand von Ex-Olympiasieger Waldemar Cierpinski, der sicher beste Beratung bietet.

Zum 33. Mal findet die Veranstaltung bereits statt, der Marathon steht aber erst seit 2003 auf dem Programm, vorher wurde der Hauptlauf noch auf einer 36 km-Runde gelaufen. Da hat man sich g‘scheiterweise dem Marathonboom angepasst, sonst wären wir wahrscheinlich auch nicht hier. Desweiteren gibt es noch einen Halbmarathon, 14 km- und 6 km-Lauf, die auch von Walkern absolviert werden können. Dazu noch Bambini- und Kinderläufe und auch die Radler kommen nicht zu kurz.

Alles in allem macht das heute eine Rekordteilnehmerzahl von weit über 2000. Wegen des herrlichen Wetters hat es eine wahre Nachmeldeflut gegeben, 800 Meldungen sind noch sozusagen in letzter Minute dazu gekommen. Zum berappen sind für uns Marathonläufer sparsame € 25,-.

Eine Stunde vor uns Marathonis gehen über 500 Mountainbiker auf der gleichen Strecke und Distanz ins Rennen. Vor dem Start werden wir noch zu etwas Aufwärmgymnastik animiert, bei Morgen-Temperaturen von 5 Grad kann das nicht schaden. Der kalte Wind hat doch Spuren in Form einer Gänsehaut an meinen Armen hinterlassen. Um Punkt 9 Uhr geht’s los. Der erste Kilometer lotst uns am Schloss vorbei, auf teilweise groben Pflastersteinen aus Bad Frankenhausen hinaus. Eine Teerstraße führt uns erst mal ohne nennenswerte Steigung Richtung Rottleben. Allenfalls der immer noch etwas frische Gegenwind wäre unangenehm zu erwähnen.

Nach 6 km erreichen wir auf einem geschotterten Weg die Ruine Falkenburg, von der heute wirklich nur mehr ein paar Steine übrig sind und deren Besuch man sich ersparen kann. Im Jahre 1860 begannen unterhalb der ehemaligen Raubritterburg einige Bergleute einen Suchstollen in den Berg zu treiben, sie waren auf der Suche nach Kupferschiefer. Nach 5 Jahren und 178 m Strecke stießen sie unerwartet auf einen natürlichen Hohlraum von beeindruckender Größe und Schönheit. Das Vorhaben Kupferschiefer abzubauen wurde schnell aufgegeben, da nur wenige Anteile des Gesteins kupferhaltig waren. Stattdessen wurden bereits zwei Wochen später erste Gäste im Schein von Laternen durch die Höhle geführt. Nach und nach wurde sie touristisch weiter erschlossen, bereits 1895 wurde eine elektrische Beleuchtungsanlage installiert.

Ihre Popularität hat die Höhle seinen bizarren Deckengebilden, die an zum Trocknen aufgehängte Felle und Häute erinnern, zu verdanken und … es soll sich auch um Barbarossas sagenumwobenes unterirdisches Reich handeln. In der Höhle sollen Besucher mit viel Vorstellungs-vermögen den Kaiser sehen können, wie er auf einer Bank sitzt mit seinem roter Bart, der schon durch einen steinernen Tisch gewachsen ist.

Ein kurzer Abstecher kann ja nicht schaden, ich werde mal schauen ob ich den alten Rotbart entdecken kann. Der Sage nach schläft er nur mitsamt seinen Getreuen um eines Tages zu erwachen, das Reich zu retten und es wieder zu neuer Herrlichkeit zu führen. Weiter vorne kann ich was sehen. Uuiiih, pfeilgrad …da sitzt er! Ich nehme ihn mit an die Strecke, befreie ihn von seinem Zauber und kann endlich wieder weiterlaufen.

Nach der Barbarossahöhle geht’s zurück auf die kleine Bundesstraße, die jetzt aber merklich ansteigt. Aber bis jetzt streifen wir immer noch mit etwas Abstand am Kyffhäuser vorbei. Langsam wird’s nach Jan’s und meiner Meinung nach Zeit für einen Eintritt in den Geländeabschnitt und außerdem haben wir beide auch eine trockene Kehle. Bis es aber mit der Getränkeaufnahme soweit ist, müssen wir uns noch bis Km 9 gedulden, am Ortsausgang von Steinthaleben kommt endlich die ersehnte erste Verpflegungsstelle. Zur Ehrenrettung darf gesagt werden, dass ab hier noch weitere 7 VP-Stellen folgen und die dann aber in deutlich kürzeren und voll ausreichenden Abständen.

Der Eintritt in den bergigen Teil beginnt bei Km 12, kurz vorher können wir aber noch die schöne Aussicht auf den Stausee Kelbra genießen, der der größte See der Region und zugleich ein Rückhaltebecken für Hochwasser ist. Ab hier geht es runter vom Teer und hinauf auf den Kulpenberg, zum höchsten Punkt der Strecke. Im Wald wird es sofort spürbar wärmer, der kalte Wind kann uns nur mehr wenig anhaben. Der Anstieg auf den höchsten Punkt des Kyffhäuser verläuft relativ unspektakulär, sprich steilere Anstiege, alles ist eigentlich ohne Gehabschnitte gut zu meistern.

In etwas Entfernung des 94 m hohen Fernsehturms erreichen wir die Kuppe bei Km 17, wo eine von der Bundeswehr betreute Getränkestelle auf uns wartet. 420 Höhenmeter haben wir hinter uns. Ausflügler konnten früher noch höher hinauf, in 78 m Höhe war auf dem Turm ein Café mit Aussichtsplattform. Zu DDR-Zeiten wurden im Schnitt pro Jahr über 200.000 Touristen gezählt. Heute wird der Fernsehturm Kulpenberg nur mehr gewerblich genutzt, das Betriebsgelände ist der Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich.

Unser nächster Abschnitt führt uns zunächst auf einem traumhaften Singletrail abwärts. Über 3 km mit 100 negativen Höhenmetern kann man es richtig laufen lassen. Jan nimmt sich das auch zu Herzen und ich versuche ihm zu folgen, was aber wegen seines irren Tempos und meiner Fotostopps irgendwann erfolglos ist. Das Läuferfeld hat sich schon weit auseinandergezogen, so gibt es keine Überholprobleme auf den teilweise engen Spuren.

Der weitere Waldweg verläuft immer am Hang entlang mit teilweise wunderschöner Aussicht durch die Bäume hindurch, hinunter ins Tal der Goldenen Aue. Aber auch ein Blick nach oben ist lohnenswert, von unserem nächsten Teilziel, dem Kyffhäuser-Denkmal, ist in nicht mehr allzu großer Entfernung schon der obere Teil auszumachen.

Dazu müssen wir aber die gleiche Entfernung wie gerade downhill, wieder nach oben. 500 Meter unterhalb des Monuments an den Parkplätzen passieren wir direkt an den Touristen-Parkplätzen eine Imbissbude. Eine Thüringer Bratwurst im Brötchen wird hier für einen Euro angeboten. Ja, hier ist das Preis-/Leistungsverhältnis noch in Ordnung.

Auf „noch 19 km“ weist uns eine Tafel etwas unterhalb der Burganlage hin. Anders als gewohnt werden auf den Strecken-markierungen der gesamten Route, nicht die gelaufenen Kilometer, sondern die noch zu absolvierenden angezeigt. Jan hat sich auf dem zurückliegenden Bergabstück von mir abgesetzt und kommt mir hier bereits auf einem kurzen Begegnungsabschnitt wieder entgegen.

Dann bin ich auch oben auf dem Burgberg, imponierend liegen die Reste der im 11. Jahrhundert errichteten Reichsburg Kyffhausen vor mir. Sie war einst eine der größten und stärksten mittelalterlichen Burganlagen Deutschlands mit 600 m Länge und 60 m Breite. Gebaut wurde sie während der Regierungszeit von Kaiser Friedrich I. Barbarossa. Ihre Dreiteilung in Unter-, Mittel- und Oberburg ist heute noch erkennbar. Die Ringmauer präsentiert sich noch größtenteils in Originalhöhe.

Besonders beeindruckend und zugleich das Wahrzeichen des Kyffhäuser ist jedoch das 81 m hohe Denkmal mit dem Reiterstandbild von Kaiser Wilhelm I. und dem in Stein gehauenen Barbarossa auf seinem Thron. Von 1890-1896 wurde es auf dem Gelände der alten Burg errichtet. Wer will, kann noch die 247 Stufen hinauf in die Turmkuppel steigen und einen grandiosen Rundblick bis zum Brocken genießen. Irgendwann jetzt im Frühjahr erwartet man den 5-Millionsten Besucher seit der Wiedervereinigung Deutschlands. Damit bringt es der Kyffhäuser im Schnitt auf fast 250.000 Besucher pro Jahr.

Auf dem Vorplatz ist ein Wendepunkt, an dem jeder der ordnungsgemäß durchkommt einen Stempel auf die Startnummer verpasst bekommt. Danach ist Verpflegung angesagt. Die Tafel ist reichlich gedeckt. Bananen, Butterstullen mit Salz und auch Haferschleim werden angeboten. Ähnlich wie Rennsteigläufer das gewohnt sind, bloß die dort üblichen Geschmacksrichtungen hat man hier weggelassen, es gibt nur Naturgeschmack. Ich genehmige mir einen Becher …mmhh, ja, wirklich, schmackhaft wie am Rennsteig. Zum nachspülen wird Köstritzer in drei Varianten geboten: als Schwarzbier, Pils und Alkfrei für die Schwachen, hihi. Das braucht man mir natürlich nicht zweimal sagen, in Bayern ist das ja ein Grundnahrungsmittel, ich nehme das mir schon bekannte Dunkle.

Gut gestärkt geht’s wieder runter und um die Burganlage herum, unten passieren wir die noch ganz gut erhaltenen Ruinen der Unterburg, mit einem Blick hinauf können wir uns vom Kaiser-Wilhelm-Denkmal verab-schieden. Über den Dreiforststein und Seebersbrunnen mit wenigen Höhen-unterschieden geht es durch blühende Streuobstwiesen hinab nach Udersleben. Das Schild „Gefährliche Abfahrt“ soll uns wohl vor übertriebener Tempohatz warnen.

Im Ort ist wieder ein großzüger Verpflegungspunkt aufgebaut, Köstritzer in allen drei Sorten ist auch wieder dabei. Ich bleibe bei der bewährten Farbe. Danach kommt die berüchtigte Steigung zum Udersleber Flugplatz und darüber hinaus. Sie ist nicht sonderlich steil, aber sie ziiieeeht sich elend lange auf fast 3,5 km hin. Bei dem Km-Stand wird das nochmal richtig mühsam.

Die letzten drei Kilometer unseres Kurses gehen dann aber wirklich nur mehr abwärts. Rechts von uns thront ein zylindrisches Bauwerk, das ein imposantes Gemälde von 14 Metern Höhe und 123 Metern im Umfang birgt, das der „Schlacht von Frankenhausen“ im Deutschen Bauernkrieg gewidmet ist. 1525 fand sie am Nordrand der Stadt unter dem revolutionärer Führer Thomas Müntzer statt. Die Bauern hatten damals 6000 Todesopfer zu beklagen. Das Panoramabild, ausgeführt von 1983-87 in Öl auf Leinwand ist mit über 3.000 Einzelfiguren besetzt und zählt zu größten und figurenreichsten Gemälden der neueren Kunstgeschichte.

Einige hundert Meter weiter können wir noch einen Blick auf den höchsten schiefsten Turm der Welt werfen. Er weist mit 4,5 m, noch mehr Neigung auf als der berühmte Campanile von Pisa. Nach ersten Sanierungsmaßnahmen beträgt die mittlere Neigung pro Jahr aktuell ca. 2 cm. Verzweifelt wird mit vielen Aktionen um seine Rettung gekämpft. Diese gelingt nur, wenn für die Untergrundstabilisierung und Nachjustierung 1 Mio. Euro an Spenden bis zum 31. Mai 2011 gesammelt werden können. Ansonsten soll er definitiv abgerissen werden.

Eine Schleife führt uns hinunter in die Stadt und zurück zum Schlossplatz, wo am ersten Zielbogen aber noch nicht Schluss ist, es darf noch fast eine Runde um das ganze Gelände gedreht werden. Meine Uhr zeigt mir nach dem Zieldurchlauf insgesamt 700 Höhenmeter an, optimal zum eingewöhnen. Meine Laufzeit entspricht trotz der Höhenmeter meiner durchschnittlich gelaufenen Zeiten bei einem Flachmarathon.

Jan und ich wissen jetzt auf alle Fälle ein Lied vom Kyffhäuser zu singen, wo er liegt und was es mit ihm so auf sich hat und dass es außer dem Rennsteig noch weitere lohnenswerte Laufziele in Thüringen gibt ...und den Barbarossa haben wir ja auch noch getroffen.

 
Das Kyffhäusergebirge.
Janosch bei 5 Grad C.
Da brauche ich schon noch meine Handschuhe.
Hier wurde der Stollen in die Höhle getrieben.
Heute geht's da rein.
Uiihh, da sitzt der Barbarossa.
Ich hab ihn mit raus genommen und von
seinem Zauber befreit.
Höchster Punkt am Fernsehturm.
Janosch hat durst.
Traumhafter Singletrail, Jan gibt Gas.
Kyffhäuser-Denkmal.
Kaiser-Wilhelm-Reiterstandbild.
Das Denkmal ist über 80 m hoch.
Kaiser Friedrich I. Barbarossa
Köstritzer Dunkel, Pils und Alkfrei zur Auswahl.
Ruine der Unterburg.
Legendärer Anstieg zum Flugplatz.
Über 3,5 km geht es immer leicht aufwärts.
Der schiefe Turm von Bad Frankenhausen.
Glücklich im Ziel.
 
Jan
Bernie
4:09:20
4:26:06
 
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