27.10.2013 Trail Marathon Heidelberg
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Autor: Bernie Manhard Bericht mit 200 Bildern auf  
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In Heidelberg leben g‘scheite Leut. In der ältesten Unistadt Deutschlands mit rund 150.000 Einwohnern verteilen sich über 40.000 Studierende auf zehn Hochschulen. Zehn Nobelpreise gingen bisher an Heidelberger Professoren und erst im Juni 2012 wurde die älteste Uni Deutschlands, die Ruprecht-Karls-Universität, zum wiederholten Mal mit dem Elite-Prädikat ausgezeichnet. Ein beeindruckendes Fünftel aller Heidelberger/innen hat einen akademischen Bildungsabschluss.

Da verwundert es nicht, dass sich die Planer und Organisatoren der neuen Marathonveranstaltung auch was Besonderes haben einfallen lassen. So wurden die urbanen Trails um die Altstadt von Heidelberg in die bergige Landschaft der Rhein-Neckar-Region integriert. Trail Marathon Heidelberg nennt sich das Premieren-Event. Das Motto der Veranstaltung lautet ganz aussagekräftig: Herrlich – Höher – Härter. Wobei ich „höher“ und „härter“ vorab einmal nicht unbedingt überbewerten will, jeder muss natürlich etwas Werbung für seinen Lauf betreiben. Mit alpinen Bergmarathons will man sich hier aber auch nicht vergleichen. Mit „Härte“ werden wohl die ca. 1.500 Höhenmeter Zugabe zu gewöhnlich flachen Citymarathons gemeint sein. Daher auch die zusätzliche Bezeichnung „Härtester Stadtmarathon Deutschlands“.

Ich bin zum ersten Mal in Heidelberg und auf Anhieb von der Altstadt und seiner exponierten Lage zwischen den hügeligen Ausläufern des Odenwalds begeistert. Das „Herrlich“ kann ich hiermit sofort vorbehaltlos unterstreichen, ohne auch nur einen Meter gelaufen zu sein. Heidelberg gilt auch als eine der schönsten Städte Deutschlands. Das harmonische Ensemble von Schloss, Altstadt und Fluss inmitten der Berge fasziniert nicht nur meinen Begleiter Greppi und mich, sondern jährlich auch rund drei Millionen Besucher aus aller Welt.

Ein gefühlt riesiger Anteil davon verteilt sich heute, bei herrlichem, sonnigem Spätsommerwetter mit Temperaturen von über 20 Grad, um die historischen Gemäuer. Darunter zahlreiche Besucher aus dem fernen Asien, bewaffnet mit schweren Teleobjektiven. Der Touristen- und Besucheransturm bringt natürlich auch Nachteile mit sich. Wer mit dem PKW anreist ist gut beraten, sich einen Platz für das Wochenende in einem der vielen Parkhäuser zu suchen, falls man in einem der zahlreichen Hotels im Altstadtbereich einquartiert ist. Alle Attraktionen der Stadt und auch die komplette Infrastruktur des Marathons sind bequem und in kürzester Zeit fußläufig zu erreichen. Die Karre kann damit das komplette Wochenende unbenutzt stehen bleiben.

Als zentraler Mittelpunkt der gesamten Veranstaltung dient der Universitätsplatz im Herzen der historischen Altstadt, hier sind der Start- und Zielbereich und ein großes Veranstaltungszelt aufgebaut. Im angrenzenden Gebäude der neuen Uni stehen zusätzlich einige Räume zur Verfügung, u.a, zur Aufgabe der Wechselbekleidung vor dem morgigen Rennen. Besonders groß ist der Ansturm am Samstag noch nicht, in kürzester Zeit können wir unsere Startunterlagen in Empfang nehmen, obwohl bereits über 2.100 Läufer/innen vorangemeldet sind.

Ob nur die außergewöhnlich warmen Temperaturen daran Schuld sind, dass die Fußgängerzone mit ihren vielen Kneipen und Restaurants bis spät in die Nacht von Studenten und Jugendlichen in Feierlaune belegt wird, kann ich natürlich nicht beurteilen. Heute ist es definitiv so, so müssen sich Greppi und ich mit einem Platz beim „Fast-Food-Italiener“ begnügen.
Da geht es rauf beim Lauf   Touristenhochburg   Leckerer Haselnusslikör
Bekanntentreffen Günter & Bernie Es geht los
Mitten in der Nacht werde ich von Blitz und Donner kurz aus meinem Tiefschlaf gerissen. Damit würde sich die düstere Wetterprognose für den Sonntag, an dem wir mit viel Regen und Wind rechnen müssen, bewahrheiten. Am Morgen bläst der Wind noch immer kräftig, hat aber auch dafür gesorgt, dass sich die meisten der Wolken wieder verzogen haben und bereits wieder stellenweise blauer Himmel zum Vorschein kommt.
Das große Zelt auf dem Universitätsplatz erweist sich kurz vor dem Start als geselliger Treffpunkt. Obwohl wir bereits wieder auf Temperaturen um die 15 Grad kommen, versammeln sich die meisten der bereits Anwesenden im angenehm warmen Zelt. Vielleicht sind ja auch schon einige etwas länger da. Wer heute Nacht vergessen hat seine Uhr zurückzustellen, der wird eventuell schon ein Stündchen länger hier verweilen. Startunterlagenabholung, Nachmeldung und Kleiderabgabe können noch ohne großen Stress erledigt werden.

Um 9 Uhr wird gestartet, ein Sprecher und fetzige Musik sorgen vorher noch für etwas Unterhaltung. Von großen Ansprachen, Reden oder Ähnlichem bleiben wir verschont. Nach der Startgeraden geht es unmittelbar in die 1,6 km lange Fußgängerzone, welche sich durch die gesamte Altstadt zieht und eine der längsten und schönsten in Europa ist. Nach Zerstörungen um 1700 wurden die Gebäude auf ihrem mittelalterlichen Grundriss im Barockstil errichtet und sind meist noch gut erhalten. Als eine der wenigen deutschen Großstädte wurde Heidelberg auch im zweiten Weltkrieg nicht bombardiert.
Das Pflaster durch die Fußgängerzone weißt keine großen Lücken und Erhebungen auf und ist gut zu belaufen. Nach einem Kilometer führt uns ein 180-Grad-Turn ans andere Ende der Altstadt. Eine erneute Wende lässt uns die Altstadtrunde nahezu komplettieren. Am Marktplatz biegen wir am Ende der eindrucksvollen Heiliggeistkirche nach rechts ab, Richtung Neckar.

Durch ein mittelalterliches Brückentor mit zwei imponierenden Doppeltürmen aus dem 17. Jahrhundert gelangen wir auf die Alte Brücke. Am Tor mussten Auswärtige seinerzeit Brückenzoll entrichten, im Verteidigungsfall konnte es durch ein Falltor verschlossen werden. Über die Brücke aus Neckartäler Sandstein überqueren wir den Fluss. Sie gehört zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten Heidelbergs. An einem der letzten Kriegstage sprengten deutsche Soldaten alle Heidelberger Neckarbrücken, so auch die Alte Brücke. Dank einer Spendenaktion konnte bereits 1946 mit dem Wiederaufbau begonnen werden. Drei flache Kilometer sind jetzt absolviert.

Die erste kräftige Steigung erwartet uns in der Hirschgasse, sie führt hinauf auf den Philosophenweg, wo sich uns erste wunderbare Ausblicke über Neckar, Altstadt und Schloss eröffnen. Der Philosophenweg zählt im Übrigen zu einer der wärmsten Stellen Deutschlands. Der Hang hat wegen seiner Süd- und 45 Grad-Steillage sowie wegen des Erwärmungseffektes durch Fallwinde sehr spezielle klimatische Verhältnisse. Die Durchschnittstemperatur liegt hier 1,5°C höher als die des Stadtgebietes. Seinen Namen bekam er von den Gelehrten, die hier einst in steifen Gehröcken wandelten und ihre Gedanken beim Spaziergang lockerten. Einen knappen Kilometer dürfen auch wir auf ihren Spuren wandeln und unsere Beine vom ersten Anstieg lockern, dann geht’s weiter auf die Höhe.

Passend dazu sind jetzt auch die letzten Wolken abgezogen, die Sonne hat wieder die Vorherrschaft übernommen. Mich freut’s ganz besonders, dass den computerberechneten Wettermodellen in die Suppe gespuckt wurde, die uns einen kompletten Tag unter Wolken mit viel Regen versprochen haben und so vielleicht auch einige davon abgehalten haben, hier zu starten.

Bis zur Thingstätte auf dem Heiligenberg müssen 340 Höhenmeter bezwungen werden. Die nach dem Vorbild antiker griechischer Theater errichtete Freilichtbühne wurde 1935 vom Reichsarbeitsdienst und Heidelberger Studenten erbaut. In den 56 Zuschauerreihen fanden bei der Eröffnung 20.000 Menschen Platz. Sie sollte vor allem für Propagandaveranstaltungen genutzt werden. Doch schon bald verloren die Nationalsozialisten das Interesse an der Anlage und man ließ sie weitestgehend verfallen. Inzwischen steht die Anlage unter Denkmalschutz und wird im Sommer für Open-Air-Konzerte genutzt. 8.000 Besucher lässt man heute noch zu, obwohl das Gelände wegen der schwierigen Infrastruktur schwer zu bewirten ist.

Wir dürfen das eindrucksvolle Amphitheater komplett durchqueren und erreichen ein Stückchen weiter den ersten von drei Gipfeln auf unserem Höhenprofil. Rechts ist die Ruine der vermutlich 1.000 Jahre alten Michaels-Basilika des einstigen Michaelsklosters zu sehen. Im 15. Jhd. beschloss der Senat das Kloster abzureißen und die Steine zu verkaufen.

Unmittelbar danach führt uns auch erstmals ein echter Trail einige hundert Meter bergab. Nach einem kurzen Gegenanstieg können wir auf einem gleichmäßig abfallenden Waldweg schön Fahrt aufnehmen. Dickes Laub auf den Wegen macht es einem gar nicht immer leicht, die wahre Beschaffenheit des Untergrundes zu erkennen, aber ich spüre, da ist viel Asphalt dabei. Über fast drei Kilometer zieht sich der Downhill hinunter ins Mühlental bis zur ersten Wechselstelle der Fünferstaffeln (km 11,5) hin.

Auf unterschiedlichem Terrain, ohne technisch schwierige Abschnitte, aber dafür meist im Anstieg gelangen wir zum Weißen Stein (km 17), dem zweithöchster Punkt des Kurses auf 548 Meter. Über 500 Höhenmeter beinhaltet der Abschnitt. Eine Zeitmessmatte bestätigt unser ordnungsgemäßes Passieren. Der Weiße Stein ist im Übrigen der Name des Berges. 1906 wurde hier von Mitgliedern des Odenwaldklubs ein 20 m hoher Aussichtsturm aus Stein gebaut, der bei gutem Wetter eine schöne Aussicht auf andere Berge des Odenwalds bot, heute ist er aber durch hohe Bäume weitgehend zugewachsen.

Gegenüber ist für uns eine Verpflegungsstation aufgebaut. Angeboten werden Wasser, Iso, Bananen und Riegel. 12 VPs und Wasserstellen sind auf dem Rundkurs eingerichtet, mehr als ausreichend. Eigene Verpflegung muss man nicht mitführen. Wem trotzdem nach mehr ist, der kann hier auch in der gleichnamigen Gaststätte „Weißer Stein“ einkehren. Der Wind bläst recht kräftig und Wolken ziehen auf.

Recht unspektakulär, überwiegend auf Asphalt und meist abwärts, dafür aber bequem zu laufen führt uns der nachfolgende Downhill über breite Forststraßen hinunter zur Neckarbrücke. Über Ziegelhausen gelangen wir auf die andere Flussseite nach Schlierbach zum nächsten großen Verpflegungs- und Staffelwechselpunkt (km 28,8). Recht praktisch für die Teamläufer, liegt er doch direkt am Bahnhof. Bedrohlich haben sich die Wolken verdichtet, aber es ist noch trocken.
 
Brückentor   Die Alte Brücke   Aussichtspunkt
Thingstätte Schöner Trail Zeitmessung auf dem Weißen Stein
Danach geht’s wieder auffi. Erst noch mäßig bis etwa km 34, aber ab hier wartet der Aufstieg zum Gipfel des Königstuhl auf uns. Mit dem Einstieg in die sogenannte Himmelsleiter, einer Sandsteintreppe mit über 600 grob behauenen und unregelmäßigen Stufen, verbunden mit 250 Höhenmetern, wird auch der „Trail Marathon“ seinem Namen gerecht. Die relativ bequeme Lauferei ist hier zu Ende. Wo wahrscheinlich für viele Straßenläufer jetzt der Alptraum beginnt, fängt bei mir und anderen Trailern erst so richtig der Spaß an.

Die grobe Naturtreppe mit den zahlreichen Felskanten und Geröllsteinen zähle ich definitiv dazu. Wobei ich der Meinung bin, dass sie eigentlich wirklich gut zu gehen ist, die Höhenabstände sind nicht übertrieben eklig. Die Meinung habe ich aber wohl mehr oder weniger exklusiv, wie ich so an den Gesichtern ablesen kann. So brauchen doch auch einige zwischendrin längere Verschnaufpausen um wieder zu Kräften zu gelangen. 400, 300, 200, 150… schön werden uns die Reststufen herunter gezählt, per aufgesprayter Markierung.

Mit 567 m ist der Königstuhl der höchste Punkt unserer Strecke (km 35). Hier hat sich der Veranstalter eine nette Überraschung für uns einfallen lassen. Wir werden mit Schneeboden begrüßt. Etwa 20 Meter lang ist der alpine Abschnitt. Einige Kubikmeter Schnee, der bei der Eispräparation anfällt, wurde aus der SAP Arena in Mannheim herbei geschafft.

Nicht alle laufen wie wir auf den Königsstuhl. Hier ist auch die Bergstation der Heidelberger Bergbahn. Jährlich nutzen mehr als eine Million Fahrgäste die Möglichkeit, den wunderschönen Blick auf Heidelberg und das Neckartal zu genießen. Die Aussicht reicht sogar weit über die Rheinebene bis hin zur Pfälzer Weinstraße. Bis 2002 konnte man, auf dem hier ebenfalls postierten Fernsehturm, noch eine Aussichtsplattform in 30 m Höhe besuchen. Sie ist aber mittlerweile für den Publikumsverkehr geschlossen, da der Turm sanierungsbedürftig ist.

Für uns ist der Trailspaß am Gipfel aber noch nicht beendet, bergab geht er weiter. Schön ruppig und technisch sehr schwierig führen uns überwiegend Single-Trails bis in den Schlossgarten. Auch hier gibt es eine Premiere, denn zum ersten Mal darf dieser bei einem Sportevent durchquert werden.

Das Heidelberger Schloss aus rotem Sandstein ist DAS Wahrzeichen der Stadt Heidelberg. Bis zu seiner Verwüstung war es die Residenz der Kurfürsten von der Pfalz. Seit den Zerstörungen um 1700 wurde es nur noch teilweise restauriert. Zahlreiche Sagen und Legenden ranken sich um die Burg. Besonders gut gefällt mir die Geschichte des kurfürstlichen Hofnarren und späteren Mundschenk Perkeo.

Perkeo war ein etwa ein Meter großer, aber 100 kg schwerer Zwerg. Zuerst musste er als Hofzwerg zur Belustigung des Fürsten und des Hofstaates beitragen. Später war es als Hofmeister und Mundschenk seine Aufgabe, auf den Inhalt des kurfürstlichen Weinkellers achtzugeben. Er musste täglich 15 Flaschen Wein trinken, sonst wurde er ausgepeitscht. Seit seiner Kindheit soll er ausschließlich Wein als Getränk zu sich genommen haben. Als er erkrankte, riet ihm sein Arzt dringend davon ab, sich weiterhin dem Wein hinzugeben und empfahl ihm stattdessen Wasser. Trotz großer Skepsis und Furcht nahm er diesen Rat an …und verstarb am Folgetag.

Im Inneren der Burganlage gibt es auch heute noch ein riesiges Weinfass zu besichtigen. Es wurde 1751 im Auftrag von Kurfürst Carl-Theodor erstellt und fasst 236 Fuder oder 221.786 Liter. Es wurde aber nur dreimal gefüllt, weil es nie dicht war. Wein gibt es für uns leider nicht zu kosten, dafür wurde aber an den Getränkestationen ab km 29 noch zusätzlich Cola ausgeschenkt.

Die Umrundung des Schlosses zieht sich auf eine Länge von ca. zwei Kilometer hin und hält zudem auch eine leichte Steigung für uns bereit. Von allen Positionen kann die Burganlage bewundert werden. Der Touristenansturm hält sich glücklicherweise heute in Grenzen, unbehindert können wir den Schlossgarten durchqueren.

Die Flamme rouge, so wird der letzte Kilometer bei den Etappen der Tour de France bezeichnet, beginnt am Eingang zur Altstadt. Man hat uns eine Gasse mitten durch die Fußgängerzone freigehalten. Rechts und links wird sie von viel Publikum gesäumt und man spendet uns tüchtig Beifall. Im Ziel auf dem Universitätsplatz werde ich mit einer schönen Medaille belohnt. Sieben Stunden gibt man den Marathonis Zeit, sich den verdienten Lohn abzuholen.

10 Minuten nach meinem Finish fängt es an zu schütten. Optimales Timing könnte man sagen. Greppi hat das Pech mit dem Wetter auf seiner letzten Viertelstunde, aber auch das Glück eine Regenjacke mitgeführt zu haben.
Himmelsleiter   Schnee auf dem Königstuhl   Indian Summer
Schlossrundlauf Riesenfass im Schloss   Habe fertig, Prost
 
Bernie
Greppi
5:33:07
5:57:05
 
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