Verpflegungsstellen waren rund alle vier Kilometer eingerichtet. Doch schon an der zweiten Labe herrschte Aufregung als ich ankam. Diese konnte ich zunächst nicht recht einordnen. Doch als ich mir einen Becher Wasser greifen wollte, war mir alles klar. Die Becher waren leer. Es gibt kein Wasser mehr. Offensichtlich hatten die Läufer vor uns gleich zu drei oder mehr Bechern gegriffen, um sich abzukühlen, womit der Veranstalter wohl nicht gerechnet hatte. So gingen wir und die nachfolgenden Läufer leer aus. Einige improvisierten nun, erfrischten sich direkt am Hopfensee. Rund dreihundert Meter nach der Verpflegungsstelle war eine Kneippanlage, die nun ebenfalls als Erfrischungsstelle herhalten musste. Da ja bereits in vier Kilometern die nächste Verpflegung anstand, machte ich mir wenig Sorgen und lief weiter.
Die Runde um den Hopfensee ist wirklich ein Traum. Er ist einer der wärmsten Voralpenseen und dient den zahlreichen Touristen und auch den Einheimischen als beliebter Badesee. Die Bergkulisse im Hintergrund ist herrlich. Ich bin inzwischen bei 11 Kilometern angelangt und habe schon ein Viertel der Stecke hinter mir, als ich die Klänge von Alphörnern vernehme. Drei Alphornbläser hatten sich direkt neben der Strecke mit ihren ellenlangen Musikinstrumenten aufgestellt und unterhielten uns musikalisch. Noch lange begleiteten uns die Melodien, die weit zu hören waren. Auch Basia hatte den Weg hierher schon gefunden und rief mir wieder ein paar aufmunternde Worte zu. Die waren aber noch gar nicht nötig. Ich fühlte mich noch frisch und machte mich zurück auf den Weg nach Füssen, womit unsere erste 16 Kilometer lange Runde auch beendet war.
Nun kam aber der eigentlich anstrengendere Teil des Marathons. Schatten war ab nun so gut wie Fehlanzeige und wir liefen die meiste Zeit in der prallen Sonne, die ordentlich Kraft hatte und uns nicht daran zweifeln ließ, dass wir heute die 30 Grad erreichen würden. Gut dass die kommenden Verpflegungsstellen wieder bestens ausgestattet waren. So gab es einen Becher Iso oder Cola, um den Flüssigkeithaushalt aufzufüllen und zwei Becher Wasser zum Abkühlen. Bei 18 Kilometer erreichen wir das Festspielhaus am Forggensee. Dort hatte ich mir noch vor ein paar Jahren das Musial „König Ludwig“ angeschaut, das aber schon vor längerer Zeit abgesetzt wurde. Heute dient das Festspielhaus als Konzert- und Veranstaltungshalle. Touristisch scheint es auch niemand zu interessieren. Der Parkplatz ist jedenfalls leer. Weiter geh es entlang dem Ufer des Forggensees, wo sich schön langsam erste Badegäste einfinden, die uns immer wieder applaudieren. Bis Kilometer 27 müssen wir laufen, um auch diesen Streckenteil hinter uns zu lassen.
Die weitere Strecke ist nun wieder asphaltiert und von Schatten ist leider weit und breit keine Spur mehr. Im Hintergrund kann ich schon Schloss Neuschwanstein erkennen. Vorbei an der Barockkirche St. Coloman schlängeln wir uns weiter. St. Coloman, ist schon ein seltsamer Name für eine bayerische Kirche denke ich mir noch und lese deshalb mal nach. Der Heilige St. Coloman war ein irischer Pilger, der um die Jahrtausendwende auf einer Pilgerfahrt nach Jerusalem unterwegs war und hier Rast machte. Zunächst wurde ihm zu Ehren eine kleine Kapelle bei Schwangau errichtet, die jedoch dem Ansturm der Gläubigen bald nicht mehr standhielt, sodass es im Laufe der Zeit zum Bau der Kirche kam.
Für uns hieß St. Coloman, dass wir Kilometer 30 erreicht haben. Die Sonne setzte uns nun allen sehr zu, wie ich auch an meinen Mitläufern erkennen konnte. Die Zahl derer, die immer wieder eine Gehpause einlegten, wurde immer mehr. Doch nun zeigte sich auch, warum wir Marathonläufer uns so deutlich von anderen Sportlern unterscheiden. Gemeinsam kämpften wir uns weiter. Ob durch ein Schulterklopfen oder ein paar aufmunternde Worte, Konkurrenzgedanken waren hier völlig fremd. Auch ich legte nun gelegentlich eine kleine Gehpause ein. |