Für Team TOMJ ist es schon seit einigen Jahren Tradition, dass wir Anfang Februar gen Bad Füssing steuern. Heuer sind wir mit „Charly-Reisen“ im gut besetzten Kleinbus nach Niederbayern unterwegs. Natürlich ist die Laufveranstaltung der Hauptgrund, aber besonders gut gefällt uns die Verbindung mit dem tollen Wellness-Angebot am Samstag vor und am Sonntag nach dem Lauf in den Thermalbädern des Johannesbades, das praktischerweise auch gleich der Veranstalter ist, und das heuer schon zum 18. Mal.
Im Johannesbad
Unser bevorstehendes Badevergnügen haben wir der Reichsbodenforschung zu verdanken, die dort 1938 Bohrungen nach Erdöl und Erdgas vornahm. Aber statt der erhofften Bodenschätze sprudelte lediglich 56° C heißes Thermalwasser nach oben, womit man seinerzeit erstmal noch gar nichts anfangen konnte und auch nicht durfte. Damit den damals populären Kurorten Karlsbad, Marienbad und Franzensbad keine Konkurrenz entstehen konnte, wurde eine Nutzung der Quelle vom Reichsbäderkuratorium untersagt. So kam es, dass das Füssinger Wasser erst nach dem Krieg von den Angehörigen eines nahen Flüchtlingslagers erstmals genutzt wurde, jedoch lediglich zu Reinigungszwecken.
Die außergewöhnliche Heilkraft des schwefelhaltigen Wassers blieb aber glücklicherweise nicht weiter im Verborgenen. Zum vierten. Mal nutzte ich dessen heilbringende Wirkung, denn wie ja jeder weiß, ab einem bestimmten Alter zwick’s halt immer irgendwo und eine kleine Linderung der Beschwerden ist allemal willkommen und ich habe nur gute Erfahrungen gemacht.
Unser Wochenendablauf gestaltet sich somit schon seit Jahren immer gleich: Gepäck ins Hotelzimmer, Startunterlagen abholen und direkt danach in die insgesamt 4.500 qm Wasserfläche umfassende Landschaft des Johannesbades. Der Eintritt dafür ist im Startgeld bereits inbegriffen, für morgen darf sogar noch ein Begleiter umsonst mit rein, was ja auch ein guter Grund für einen Familienausflug wäre.
13 verschiedene Becken mit bis zu 39 Grad Wassertemperatur gibt es, da ist für jeden etwas dabei. Jan zieht es immer zum Warm-up für den Marathon ins 50-Meter-Sportbecken um ein paar Runden zu drehen. Mir sind die 24 Grad aber eindeutig zu frisch, ich stehe mehr auf Regeneration und bevorzuge daher das mit Schwefel, Natrium, Calcium und noch einiges mehr angereicherte Wasser im Außenbereich mit 35,3 Grad. Im Marktrestaurant können wir nach dem Bade weitere Gutscheine für ein Nudelgericht und ein Freigetränk einlösen.
Vor dem Start
Im Gegensatz zum Samstag, ist am Sonntag mächtig Betrieb vor den Anmelde- und Abholschaltern, so dass kaum ein Durchkommen auf dem Weg ins Bad ist, wo sich unsere Umkleiden befinden. Da muss man schon etwas Stauzeit einplanen bis man seine Startnummer in Händen hält. Über 2.000 Anmeldungen für die Bewerbe Marathon, Halbmarathon, 10 km und Schülerlauf fordern sichtbar etwas Geduld, das hatten wir doch gestern wunderbar entspannt. Scheinbar ist doch der größte Teil erst heute Morgen angereist ist. Aus 16 Nationen kommen die Teilnehmer, es sind sogar welche aus Australien und China am Start.
Magic ist schon seit Jahren Stammgast beim Thermen-Marathon. Er ist hier sogar seine persönliche Bestzeit gelaufen (unter 3 Stunden) und landet in seiner Altersklasse meist auf dem Stockerl. Heute betreibt er aber etwas Understatement. Bei dem schönen Wetter kommen viel zu viele gute Läufer her, da gibt’s kaum eine Chance für ihn. Er könne gleich langsamer machen, jammert er mir vor.
Somit wäre ich beim Wetter. Schnee, Nebel, eisiger Wind und klirrende Kälte bis -15 Grad, aber auch schon mal Sonne, alles war dabei in 17 Jahren Johannesbad Thermen-Marathon. Für den heutigen Tagesverlauf sind Temperaturen bis in den zweistelligen Plus-Bereich vorhergesagt und das gab es hier noch nie. Heute Nacht war es zwar noch frostig und auch der Sprecher weist uns darauf hin, dass an einigen schattigen Waldstücken noch glatte Passagen zu finden sind, aber ein Blick in den Himmel verspricht, dass es ein herrlicher Tag werden wird. Daher habe ich auf alle Fälle schon mal die kurze Hose ausgepackt.
Start frei
Um 9:45 Uhr wird der Zehner gestartet und 15 Minuten später sind die Halb- und wir Marathonis an der Reihe. Pünktlich werden wir vom Schirmherrn mit einem krachenden Schuss aus der Starterpistole in Bewegung gesetzt. In westlicher Richtung führt uns der Kurs am Ortsrand vorbei in den heutigen Ortsteil Safferstetten, wo seinerzeit die Bohrungen und die Entdeckung der Thermalquellen stattfanden.
Safferstetten hatte damals 476 Einwohner, der Weiler Füssing bestand lediglich aus sechs Bauernhöfen. Rechterhand kann ich ein altes Holzhaus sehen, vollgezimmert mit einer eindrucksvollen Sammlung religiöser Reliquien und Antiquitäten. Das Haus von „Papa Razzi“ kann‘s aber nicht sein, sein früherer Wohnort liegt noch eine Marathondistanz westlicher.
Nach gut vier Kilometer erreichen wir am Golfplatz den Schnittpunkt des Kurses, der grob die Form einer Acht aufweist. Wenn heute Spielbetrieb auf dem Golf-Parcour wäre, könnte es für uns gefährlich werden, meint zumindest ein hier aufgestelltes Hinweisschild. „Lebensgefahr durch fliegende Bälle“ halte ich aber doch für reichlich dick aufgetragen. Immer noch geht’s Richtung Westen und von dort weht uns noch ein spürbar kühlender Wind entgegen. Bei km 5 steht, wie all die Jahre zuvor auch, der Manne und betet uns alle 5 Sekunden die gerade abgelaufene Brutto-Zeit herunter.
Am Ortseingang von Kirchham können wir uns den ersten warmen Tee und dazu Riegel und Obst zum Knabbern genehmigen, es gibt’s natürlich auch Wasser, das hat aber Kohlensäure berichtet man mir, was auch nicht jeder mag. Margot und Jan haben zu mir aufgeschlossen, sie ist heute gut drauf und sollte es gut laufen, ist auch die langersehnte HM-Bestzeit unter 2 Std. drin.
Über kleine und verkehrsfreie Teerstraßen durchqueren wir Felder und Wiesen und Wälder. An einem Waldstück kurz vor Hart müssen wir etwas aufpassen, es ist etwas glatt, der Frost der Nacht ist im Schatten noch nicht ganz abgetaut, aber davor sind wir ja schon gewarnt worden. In der Ortschaft ist nach fast 11 km die zweite VP-Stelle für uns aufgebaut. An mehreren Tischen gibt es alles, was man benötigt.
Am Ortsende weist uns ein Schild auf einen Gnadenhof für Bären hin. 9 Stück leben hier aktuell. Sie dürfen die Tage bis an ihr Lebensende unter artgerechten Bedingungen in einem großen und schönen Bärenpark verbringen. Alles ehemalige Tanz- oder Zirkusbären, die mit fragwürdigen Kunststückchen den Lebensunterhalt ihrer Besitzer sichern mussten oder Artgenossen von Bruno, die von Menschen aus ihrem Lebensraum verjagt oder zum Abschuss frei gegeben wurden. Besucher und Spenden sind jederzeit willkommen, nur momentan halten die meisten (Bären) Winterschlaf.
Immer wieder ein wunderschönes Bild stellt für mich die anderthalb Kilometer lange Gerade hinunter nach Aigen am Inn dar, mit der Läuferschlange und Blick auf die Wallfahrtskirche St. Leonhard. Heute präsentiert sie sich im herrlichsten Sonnenschein. In Aigen wechselt unsere Laufrichtung, jetzt geht es wieder zurück Richtung Ziel.
Nichts ist mehr zu spüen vom kalten Wind, im Gegenteil, ein wunderbar wärmendes Frühlingslüftchen trägt uns über die Pockinger Heide. Das macht so richtig Spaß nach den langen Winterwochen. Jetzt könnte ich zu meiner kurzen Hose auch noch gut ein kurzärmliges Shirt vertragen, aber ich will ja auch noch eine zweite Runde drehen und da geht es eben auch wieder gegen den Wind, daher verwerfe ich schnell den Gedanken, mich vom Rolli zu trennen.
Auch bei KM 15 steht ein Helfer und informiert uns über die abgelaufene Zeit. Kurz darauf können wir wieder verpflegen. Margot kann ihr Tempo immer noch gut halten. Jan hat ihr bis hier als Pacer gedient, er möchte jetzt aber etwas schneller machen, daher übernehme ich seinen Part. Wäre doch schön, wenn ich ihr zu ihrer Traumzeit verhelfen könnte.
Kurz nach Egglfing unterqueren wir an einer Unterführung die B12, es ist aber auch schon die einzige nennenswerte Steigung der kompletten Runde, daher ist der Lauf auch absolut bestleistungsfähig. Auf dem letzten Kilometer des HMs muss ich Margot nochmals motivieren und ihren Schweinehund einen Schupfer geben. Aber dann ist sie durch mit Maßarbeit. Eine 1:59:58 steht im Ziel auf der Uhr. In ihrer Altersklasse bringt ihr das den zweiten Platz. Ihre Freude ist natürlich riesengroß, aber auch meine.
Dann geht’s für mich auf zur zweiten Runde, Motivationsprobleme gibt’s bei dem Wetter natürlich nicht. Obwohl meine 2 Stunden nach der Hälfte überall ein Mittelplatz wären, bin ich beim Thermen-Marathon jetzt fast alleine auf weiter Flur unterwegs und befinde mich im Klassement im hinteren Fünftel. Liegt vielleicht daran, dass hier eine Sollzeit von 5 Stunden vorgegeben ist und langsamere Läufer erst gar nicht antreten, oder auch daran, dass die Partyläufer um diese Jahreszeit auch noch Winterschlaf halten.
Wieder am Schnittpunkt unserer Achterbahn vor dem Golfplatz hat der Veranstalter zwei Ordner postiert, nicht dass da einer auf dumme Gedanken kommt und 10 km überspringt. Für unseren Zeitnehmer Manne ist es auch ruhig geworden, der steht ein paar Meter weiter und hält die Stellung, um auch den Letzten die 25 km-Durchgangszeit durchzugeben. Kurz danach erreiche ich die Getränkestation in Kirchham. Aber hoppala, was kann mein geschultes Auge da erspähen, der Stationsvorsteher hat sich ein Fläschchen Schaumwein zwischen den Wasserbechern deponiert. Auf meine Anfrage hin lässt er sich nicht lumpen und schenkt mir einen Becher ein. Ist doch gut für den Kreislauf, heißt es.
Beschwingt mache ich mich auf den weiteren Weg, es läuft immer noch ganz gut. Auch in Hart ist die VP-Stelle noch gut besetzt, obwohl es nicht mehr viel zu tun gibt. Nur sporadisch tröpfeln die Marathonis noch ein. Empfangen werde ich mit „Tee mit Rum“, aber da hat sich einer nur ein Späßchen erlaubt, der Tee ist clean.
Bis KM 33 habe ich immer Jan in ca. 400 m Abstand vor mir in Sichtweite, aber dann wird es für mich doch zähflüssiger und ich muss noch einige Federn lassen. Aber mit einer passablen Zeit komme ich ins Ziel, wo mir die wunderschöne Glasmedaille überreicht wird. 259 Finisher kann der Marathon in der Liste aufweisen, es gibt aber auch noch den einen oder anderen, der es nicht unter 5 Stunden geschafft hat und so auch nicht im Klassement erscheint. Wenn es was zu meckern gibt, dann sind es diese 5 Stunden Zielzeit. Magic hat es auch wieder unter 3 Std. geschafft, trotz seiner Sprüche hat er wieder Vollgas gegeben und hat mit 2:59 seine Bestzeit nur knapp verfehlt. Gereicht hat das für den 3. Altersklassenplatz und 12. Gesamt.
12 Grad zeigt das Thermometer, in der Sonne ist es noch deutlich wärmer, so lässt es sich vor dem Johannesbad auch noch ohne wärmende Kleidung gut aushalten. Trotzdem ruft für mich die Pflicht, ich muss mein Bad in der Therme nehmen. Ohne mein Entspannungsbad verlasse ich nicht diesen Ort. Ist mir sogar lieber als die Massage, die gäbe es aber auch noch gratis dazu. |